Die Presse am Sonntag

Nimmermüde Auto-Ikone: Mehr als 50 Jahre im Galopp

Der Ford Mustang war vom Start weg ein Verkaufser­folg – doch zum Kultauto wurde er erst mit dem Steve-McQueen-Streifen »Bullit«, der vor 50 Jahren in den Kinos lief. Elf Fakten, die man in einem Benzingesp­räch über den heute weltweit meistverka­uften Sport

- VON TIMO VÖLKER

Er zählt zu den Ikonen der Automobilg­eschichte und zum kleinen Kreis jener Handvoll Modellreih­en, die seit über fünf Jahrzehnte­n ununterbro­chen produziert werden. Mit unzähligen Auftritten in Songs und Filmen (Highlight: „Bullit“, 1968) darf der Ford Mustang als US-amerikanis­ches Kulturgut geführt werden. In ihren mittleren Fünfzigern macht sich die Baureihe auch noch als Exportschl­ager einen Namen.

Die längste Zeit war der zweitürige Ford in unseren Breiten ein Fall für Ami-Fans, die sich das Auto in Eigenregie besorgten. Seitdem der Mustang bei jedem Ford-Händler bestellt werden kann, schossen die Verkaufsza­hlen beispielsw­eise in Europa vom Drei- ins Fünfstelli­ge. Seit dem Vorjahr gilt der Mustang als meistverka­ufter Sportwagen auf dem Globus.

Was nahelegt: Die Welt hat Nachholbed­arf in Sachen Pony Car. Wir haben schon einmal das Pferd gesattelt. So das bei einem Wildpferd geht. Der Ford Mustang kam 1964 in den USA auf den Markt, im gleichen Jahr wie der Porsche 911 in Deutschlan­d. Anders als der Porsche war der Mustang als leistbarer Sportwagen gedacht. Er geriet auf Anhieb zum Bestseller. Designstud­ien waren noch mit Mittelmoto­r unterwegs gewesen, die Produktion­svariante nutzte schließlic­h viele Gleichteil­e anderer Ford-Baureihen. Die Signatur blieb indes erhalten: lange Motorhaube, kurzes Heck. Schon im ersten vollen Verkaufsja­hr, 1965, setzte Ford in den USA über eine halbe Million Exemplare vom Mustang ab. Das würde heute im ungleich größeren Pkw-Markt des Landes bequem für Platz drei reichen. Die erste Million feierte der Mustang schon 1966 – in seinem wohl für alle Zeiten stärksten Verkaufsja­hr (607.500 Stück). Der Porsche 911 brauchte dafür etwas länger: Die erste Million stellte er erst im Vorjahr ein, im Mai 2017.

Nur drei Sportwagen werden vergleichb­ar lang gebaut: Porsche 911, Chevrolet Corvette, Ford Mustang. Tiefpunkt: Ende der 1990er wollte Ford den Mustang auf eine Frontantri­ebsplattfo­rm von Mazda umstellen. Wäre wohl das Ende gewesen. Der Modellname stammt von der P-51 Mustang, einem erfolgreic­hen USJagdflug­zeug des Zweiten Weltkriegs. Der Mustang bekam schon im zweiten

Uramerikan­isch

sollte das Emblem des Ford Mustang sein, wie das Auto. So fand man zum galoppiere­nden Wildpferd, stellvertr­etend für die Weite des Landes.

Mitte der Sixties

war die Autowelt in den USA noch heil. Die großen drei (Ford, GM, Chrysler) hatten den Markt fest im Griff. Bald schon setzten ihnen Importauto­s zu – besonders lästig: der VW Käfer. Jahr nach seiner Einführung ein musikalisc­hes Denkmal gesetzt, und ebenso wie das Auto hat sich der Song gut gehalten. Der Text von „Mustang Sally“entbietet die eine oder andere Zweideutig­keit. Der Erzähler hat seinem Mädel einen Mustang spendiert, „I bought you a brand new Mustang/It was a nineteen-sixty-five“, doch nun spiele sie die Frau Wichtig und lasse ihn gar nicht mehr ran. Äh, ans Steuer.

Der Hit von Wilson Pickett wurde mehr als 50 Mal gecovert und ist spätestens seit dem Soundtrack der Commitment­s von allen gut nachgrölba­r. Von den Verkäufen der frühen Jahre ist der Mustang heute weit entfernt. Die Stückzahle­n für Sportwagen rangieren inzwischen insgesamt auf bescheiden­em Niveau. Ford produziert vom Mustang heute etwa 150.000 Exemplare im Jahr, von denen um die zwei Drittel im Land bleiben. Für dieses Volumen reicht ein einziges Werk, es steht in Flat Rock, Michigan.

Geburtsjah­r 1964 Raketensta­rt Die erste Million Tieffliege­r Ride, Sally, ride Flat Rock, Mich.

Der Mustang schuf durch seinen Erfolg eine ganze Autogattun­g in Amerika, in Ableitung seines Wappentier­s Pony Cars genannt: leistbare, mitunter auch sehr stark motorisier­te 2+2-Sitzer wie Chevy Camaro, Dodge Challenger und Charger, früher auch Pontiac Firebird und Plymouth Barracuda. 2012 beschloss Ford, den Mustang ins globale Vertriebsn­etz des Konzerns aufzunehme­n. Bis 2014 war das Auto außerhalb der USA nur über Grauund Eigenimpor­te zu beziehen. Die Verkaufsza­hlen in Europa verzehnfac­hten sich 2015 schlagarti­g, was sich 2016 nochmals verdreifac­hte – damit verkauft Ford vom Mustang in Europa in etwa die gleiche Stückzahl wie Porsche vom 911. Was Privatkäuf­e angeht, ist der Mustang sogar Deutschlan­ds Nummer eins im Segment. In Österreich rangierte der Mustang 2017 bei den Sportwagen auf Platz zwei – knapp hinter dem Porsche 911.

Pferdeherd­e Welttourne­e Falsche Richtung

Nachdem 1962 ein Name für das neue Modell gefunden war (Avanti, Allegro und Torino schieden aus), wurde am Emblem gebastelt. Lang wurde über die Richtung diskutiert, in die das Pferd galoppiere­n sollte. Für die Variante nach rechts sprachen Pferderenn­en, von denen man Pferde im Galopp hauptsächl­ich kannte. Der legendäre Automanage­r Lee Iacocca, damals Ford, sprach das Machtwort: „Ein Mustang ist ein Wildpferd und kein domestizie­rter Rennläufer!“

Fahren, nicht reden

Das cineastisc­he Denkmal schuf der Filmstar und Hobbyrennf­ahrer Steve McQueen, der das Projekt zum Polizeithr­iller „Bullit“(1968) anstieß und dafür auch den Regisseur aussuchte, den Engländer Peter Yates. Höhe-

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