Schmalz der Weideschweine
Lang waren tierische Fette verpönt. Langsam werden sie wiederentdeckt, vor allem wenn sie von zufriedenen Schweinen stammen, wie jenen vom Handlhof.
Schmalz wird bei Familie Handl nebenbei gemacht. Anders ginge es nicht. „Jeder, der vorbeigeht, rührt einmal um“, sagt Bettina Handl, nimmt den großen Kochlöffel und macht genau das. Sie führt gemeinsam mit ihrem Mann, Franz Handl, den Handlhof im steirischen Allerheiligen bei Wildon. Die Familie hält an die 35 Weideschweine, wie sie sie nennen – weil sie tatsächlich das ganze Jahr über draußen leben.
Geschlachtet wird je nach Bedarf, derzeit mache sich schon das Ostergeschäft bemerkbar. Etwa einmal im Monat werden 30 bis 40 Kilogramm Speck zu Schmalz verarbeitet. „Das ist der Speck von circa ein bis zwei Schweinen“, erklärt Franz Handl. Er ist froh darüber, dass seine Kunden schön langsam wieder ein gutes Schweineschmalz, genauso wie Grammelschmalz und Grammeln, schätzen. „Die Leute kommen wieder drauf, dass Schmalz nichts Schlechtes ist. Margarine wird industriell stark verarbeitet. Tierische Fette in Maßen haben auch ihren Vorteil.“Außerdem: Ein Schweinsbraten mit Pflanzenöl funktioniere nicht. „Ohne Schmalz kein Bratlfett.“Auch bei den Krapfen schwört die Familie auf Schweineschmalz. Bettina Handl verwendet selbst Grammelschmalz zum Brotbacken.
Die Handls führen einen kleinen Bio-Betrieb. Was von Vorteil ist, wenn man verstehen möchte, wie gutes Schmalz gemacht wird. Dafür wird Rückenspeck – „der gute Speck“, wie sie ihn nennen – und Bauchspeck verwendet. Beide stammen von den Weideschweinen, eine Kreuzung der Rassen Schwäbisch-Hällisches Landschwein und Duroc. Bei der Schlachtung sind die Tiere mindestens ein Jahr alt. „Normalerweise sind sie ein halbes Jahr alt. Aber da bekommt man kein gutes Schmalz.“
Zuerst wird der Speck „abgeschwartelt“, also die Haut abgeschnitten. Dann wird er in einer Mühle grob gemahlen. Es schmatzt ordentlich, wenn der weiße Speck durch die Mühle, die an einen Fleischwolf erinnert, zerkleinert wird. Dann beginnt die Feinarbeit, die viel Aufmerksamkeit verlangt, weil man mit etwas Unachtsamkeit oder Ungeduld das Ganze zunichtemachen kann.
Der zerkleinerte Speck kommt in einen großen Topf und dieser auf eine Herdplatte mit Temperaturregler. Nicht mehr als 118 Grad darf es anfangs haben. Später wird noch auf 140 Grad erhitzt, das war es aber mit der Hitze. Und man muss immer rühren, stundenlang. „Wir hatten einmal einen Praktikanten, der hat sich dabei eine Sehnenschei- denentzündung geholt“, erzählt Franz Handl. Anfangs sei der Speck ja noch sehr hart – und der Praktikant hatte offenbar nicht die richtige Technik (nämlich den Kochlöffel am Topfrand abgestützt, was das Rühren erleichtert).
So geht es dann zwei, drei Stunden dahin. Der Speck verändert sich in Konsistenz, Farbe und auch im Geruch. Zumindest erzählt das Handl, Letzteres lässt sich nur schwer überprüfen, hat er doch nebenbei mehrere Partien Schweinsbraten im Ofen, für die Vorbestellungen. Seine Frau packt einstweilen Faschiertes ab. Zwischen- Handlhof Bettina und Franz Handl 8412 Allerheiligen bei Wildon 46, 0664/50 52 703, AbHof-Verkauf (Do, Fr 9–12, 14–18, Sa 9–12 Uhr) oder über die Internet-Plattform www.nahgenuss.at Krapfen 1 kg feines Krapfenmehl, 6 Eidotter, 80 g Zucker, 50 g Schweineschmalz, 2 EL Rum, 1 Würfel Germ, 0,5l Milch, Salz, etwas Zitronenschale (Abrieb einer unbehandelten Zitrone) Weichen Germteig zubereiten, an einem warmen Ort aufgehen lassen, nochmals zusammenschlagen, 2 cm dick ausrollen, ausstechen und abermals 15 Minuten gehen lassen. Zuerst bemehlte Seite nach unten in heißem Schweineschmalz ca. 140°C einlegen, zudecken, bei goldbrauner Unterseite wenden und ohne Deckel fertig backen. durch wird immer wieder gerührt. „Wenn man das Schmalz zu schnell erhitzt, leidet die Qualität. Es hat dann auch mehr Cholesterin und mehr Kalorien“, sagt Franz Handl.
Am Ende dieser zwei, drei Stunden schwimmen oben die Grammeln, die man leicht knistern hört. Sie werden abgeschöpft und ausgepresst. Unten setzt sich das Grammelschmalz ab – also jenes, das noch mit ganz kleinen Grammeln vermischt ist. Dazwischen kommt das weiße Schmalz zum Vorschein. Schweine im Schnee. Danach wird es in Gläser abgefüllt. Ein Teil davon wird zu Aufstrichen verarbeitet. So gibt es einen Kürbiskernschmalzaufstrich oder eine süße Variante mit Apfelchips, Zwiebeln und Zitrone. Am besten gehen die Grammeln selbst. „Die sind immer sofort weg. Aber das sind nur wenig, vielleicht zehn Prozent. 20 bis 30 Prozent ist Grammelschmalz, der Rest klassisches Schmalz.“Etwa einen halben Tag brauche es, um nebenbei Schmalz zu machen. Neben der Zeit sind für Franz Handl auch die Haltung und die Fütterung der Tiere wichtig. Er lädt noch zu einer kurzen Traktorfahrt zur Weide, um die Schweine zu besichtigen. Die haben dank Fett und Wollkleid offensichtlich Spaß im Schnee. „Die machen nichts lieber, als den ganzen Tag in der Erde zu wühlen. Ein BioSchwein im Stall kann das nicht“, sagt Handl. Es ärgert ihn, dass in der Werbung so viel geschönt werde. Seine Kunden seien oft erstaunt, wenn er ihnen erklärt, dass ein Schwein auf einer Weide die Ausnahme ist. „Aber das ist wichtig zu wissen. Denn wenn ich billiges Fleisch kaufe, unterstütz ich ein System, das ich gar nicht will.“
Schmalz braucht Geduld. Wird der Speck zu schnell erhitzt, leidet darunter die Qualität.