Kohle, der schwarze Dauerbrenner der Welt
Kohle ist so billig wie schmutzig. Allzu bald werden die Menschen nicht darauf verzichten.
Ein gutes Jahrhundert lang war Kohle der dominante Energieträger der Menschheit. Jetzt steigt plötzlich Deutschland aus dem Steinkohleabbau aus, Österreich sperrt seine letzten Kohlekraftwerke zu, selbst in den USA verliert der Rohstoff an Bedeutung. Und dennoch: Wer glaubt, hier den Anfang vom Ende der Kohleära zu erleben, könnte sich leicht irren.
Denn so besorgt Europäer das Verbrennen von schmutziger Kohle mit Blick auf die Pariser Klimaziele auch betrachten mögen, in vielen anderen Teilen der Welt stehen ganz andere Eigenschaften des Energieträgers im Vordergrund. Kohle ist billig, praktisch und in rauen Mengen verfügbar. Die Internationale Energieagentur (IEA) taxiert die geprüften Reserven auf 1030 Milliarden Tonnen. Das heißt nicht nur, dass die Experten wissen, wo wie viel Kohle zu holen ist, sondern auch, dass die Manager sicher sein können, diese Vor- räte mit vorhandener Technologie gewinnbringend fördern zu können. Prinzipiell hätte die Menschheit also auf Jahrzehnte ausgesorgt.
Das Beste daran: Anders als Erdöl schlummert die Kohle nicht an den politischen Krisenherden unter der Erde, sondern inmitten stabiler Staaten wie Deutschland, USA oder Australien. Das erklärt, warum sich Deutschland zwar von der teureren Steinkohleproduktion verabschiedet, die leichter zugängliche Braunkohle aber auch künftig fördern will wie eh und je (siehe Artikel links). Indien verdoppelt Kohleverbrauch. Entschieden wird die Zukunft der Kohle aber ohnedies nicht in Europa, das nur sechs Prozent des weltweiten Kohleverbrauchs stellt. Entschieden wird die Zukunft in Asien. Hier, wo China, der mit Abstand größte Kohleproduzent und -konsument, zu Hause ist. Hier, wo stark wachsende Volks- wirtschaften wie Indien ihren Kohleverbrauch nach Schätzungen der IEA in den kommenden zwanzig Jahren verdoppeln werden. Drei Viertel der Kohle werden in Indien zur Stromgewinnung verheizt. Als größter Konkurrent gilt die Sonne, aber für die Wachstumsraten reicht die Solarenergie nicht aus.
Noch etwas fällt auf, wenn man die Zahlen und Prognosen der Energieforscher studiert: Obwohl sich die Energiewelt durch die Energiewende rasant wandelt, bleibt der Anteil der Kohle am Energiemix mit einem guten Viertel auffällig konstant. Gute Nachrichten für die Kohleindustrie, schlechte für das Weltklima. Denn kompatibel sind die beiden nicht, warnen auch Forscher des MIT. Ihre Lösung: das Kohlendioxid aus den Abgasen der Kohlekraftwerke herauszulösen und sicher zu lagern. Davon redet die Industrie allerdings schon seit vielen Jahren. Echte Fortschritte, das auch wirtschaftlich zu betreiben, gibt es bisher aber kaum.