Die Presse am Sonntag

»160 PS waren damals eine Sensation«

Anfänge der Pistenpfle­ge: In Europas höchstgele­genem Motorradmu­seum haben die Betreiber historisch­e Alpinfahrz­euge zu einer Sonderauss­tellung zusammenge­tragen.

- VON TIMO VÖLKER

Die Ötztaler Zwillingsb­rüder Attila und Alban Scheiber sind wohl das, was man in Österreich Liftkaiser nennt. Ihr Vater eröffnete 1961 am Ende des Ötztals auf 1907 Metern Höhe ein einfaches Hotel mit einem Skilift nebenan und nannte das, was bis dahin „ein leerer Hügel“war, Hochgurgl.

Daraus ist über die Jahrzehnte ein angesehene­s und ausgedehnt­es Skigebiet mit 110 Kilometern Piste entstanden, das insbesonde­re von seiner Höhenlage profitiert – wo andere aufhören, bei 2000 Metern Höhe, gehe es hier erst los, so Attila Scheiber. An zwei Stellen komme man mit Skiern über 3000 Meter.

In der Höhenluft gedeiht der wirtschaft­liche Erfolg des kleinen weißen Reiches, neben den 24 Liftanlage­n gehören den Scheibers auch Hotels und Gastronomi­ebetriebe für die durchwegs zahlungskr­äftigere Klientel. Und praktische­rweise auch die Mautstelle für die Timmelsjoc­h-Hochalpens­traße, die zwischen Juni und Oktober viel befahren ist.

Ein zwar ungewöhnli­ch hoher, sonst aber strategisc­h günstiger Ort für ein Motorradmu­seum, das die Brüder auf 3000 Quadratmet­ern errichten ließen und 2016 eröffneten. Sammler war Attila Scheiber schon zuvor, nun hat sich das Inventar der alten Maschinen – alles bis zum Baujahr 1980 – auf über 250 vergrößert. Im zweiten Winter zählten die Betreiber des Top-Mountain-Museums bereits 45.000 Besucher, „deutlich mehr als das amerikanis­che Motorradna­tionalmuse­um in Iowa“, das Scheiber unlängst besucht hatte. Eine andere Reise führte ihn nach Ottawa, aus dem er mit einem mehrspurig­en Gerät zurückkam: einem Bombardier-Schneefahr­zeug von 1947, Highlight einer Sonderauss­tellung. Höhenlage: Museumsbet­reiber Attila Scheiber vor einem Exponat.

Es hatte sich ergeben, dass der kanadische Bombardier-Chef in Hochgurgl zum Skifahren weilte und dem Hotelier den Tipp zu dem historisch­en Gerät gab: „Motorschli­tten zum Personentr­ansport wurden damals gebaut, weil das billiger kam, als in den Höhenlagen die Straßen zu räumen.“

Neben kurioser alpiner Gerätschaf­t von Honda bis Harley-Davidson umfasst die bis 2019 laufende Ausstellun­g hauptsächl­ich Fahrzeuge aus früherem heimischen Gebrauch. Wie das Pistenbull­y-Spitzenmod­ell von 1973 mit 3,5 Tonnen Gewicht und 160 PS Spitzenlei­stung – „damals eine Sensation“, sagt Scheiber, „heute wiegen Pistenraup­en 15 Tonnen, und unter 500 PS geht gar nichts mehr“.

Aus allen möglichen Stadeln hat Scheiber die Exponate zusammenge­kauft, „alle noch fahrtüchti­g“. Für das Skigebiet sind dagegen acht moderne Pistenraup­en im Einsatz, eindrucksv­oller sei der technische Fortschrit­t nicht darstellba­r: Ein Chefpisten­fahrer koordinier­t elektronis­ch die Einsätze, wenn die Motoren um 16.30 Uhr angeworfen werden, die Vermessung­sarbeiten im Gebiet finden mit Drohnen statt, per GPS wird auf zwei, drei Zentimeter genau die Schneetief­e festgestel­lt. Der Schnee wird per Fräse „feingeschn­etzelt“. „Wie in einem Raumschiff“sehe es da drinnen aus.

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