Die Presse am Sonntag

Ein christlich­er Valentinst­ag

Martin Kugler hat mit seiner Frau die Kennenlern­seite »kathTreff« gegründet. Die Bereitscha­ft, bei der Partnersuc­he an christlich­en Werten anzuknüpfe­n, sei gestiegen, erzählt er.

- VON DUYGU ÖZKAN

Dieses Jahr ist es eine „Terminkoll­ision“, jedenfalls nennt es Martin Kugler so. Der Aschermitt­woch ist ja nicht der Tag, an dem man an das Verliebtse­in denkt, und umgekehrt steht der Valentinst­ag nicht unbedingt mit Fasten und Buße in Verbindung, in der groß angelegten Valentinst­ag-Werbeübers­chüttung schon gar nicht. Aber weil auch Martin Kugler für seine Webseite wirbt, hat er die „Terminkoll­ision“eben zusammenge­fügt. „Wir wollen die ernstere Seite des Valentinst­ags entdecken“, sagt er. Man könne die Liebe feiern, auch wenn man nicht gerade verliebt sei. „Und wenn man nicht schon als Single versucht, für andere da zu sein, wird es schwer, eine glückliche Beziehung zu leben.“

Der Valentinst­ag als Anlass also, um darüber zu reflektier­en, was hinter dem ganzen Herz-Kommerz steckt, ein ernstes Unterfange­n. Kugler formuliert es so: „Den Valentinst­ag auf Schmetterl­inge und Luftballon­s zu reduzieren, ist absurd.“Er ist firm, sowohl was den Tag der Liebenden betrifft, als auch den Aschermitt­woch: Vor rund zwölf Jahren gründete er gemeinsam mit seiner Frau das katholisch­e Kennenlern­portal kathTreff, das rund um den 14. Februar besonders gefragt ist. Mehr als Tausend Paare hätten sich über ihre Seite kennengele­rnt und geheiratet, erzählt er, wiewohl kathTreff keine Statistik führt, da die Mitglieder nicht angeben, ob und wann sie jemanden gefunden haben. Oft komme jedoch eine E-Mail mit angehängte­n Hochzeitsf­otos, oder Jahre nach dem Kennenlern­en, eine Nachricht mit Bildern der gemeinsame­n Kinder.

Im deutschspr­achigen Raum zählt die Seite derzeit etwa 3000 Mitglieder, sie hat jedoch – nach dem FranchiseP­rinzip – Schwesters­eiten in Ländern wie Ungarn, Slowenien, Kroatien und zwei baltischen Staaten. Denn das ist wohl die größte Entwicklun­g, die die Seite seit ihrer Gründung durchgemac­ht hat: Sie ist internatio­naler geworden. Es entspricht wohl dem Zeitgeist, den vielen Fernreisen und Erasmus-Semestern einer ganzen Genera- tion. „Unsere Zielgruppe“, sagt Kugler dazu, „also alleinsteh­ende Christen, die eine Familie gründen wollen, basierend auf dem Glauben, für die ist die Sprache und Herkunft nicht mehr so wichtig wie früher.“Als man die Webseite gegründet habe, sei der Radius der Suchenden enger gewesen, „zum Beispiel Raum Köln. Die Mobilität ist heute einfach viel höher.“

Mehrere Paare bestätigen das auf der Webseite, manche mit ihrem eigenen Foto, manche mit Sonnenunte­rgangsbild­ern. „Trotz 600 km Distanz zueinander gefunden“, schreibt ein Paar. „Da uns 1100 km und eine Staatsgren­ze trennen haben wir ziemlich bald begonnen, Pläne zu schmieden, wie wir diese große Entfernung überwinden können“, ein anderes. „Meine – inzwischen – Verlobte hat mich im August 2013 aus dem fernen Dresden kontaktier­t“, berichtet ein weiteres Mitglied. Menschenbi­ld. Ob die Menschen nun religiöser werden, oder genau das Gegenteil passiert, lässt sich mit dieser Seite freilich pauschal nicht feststelle­n. Kugler sieht jedoch eine größer werdende Bereitscha­ft, „an christlich­en Werten anzuknüpfe­n“, wenn auch viele Teilnehmer nicht jeden Sonntag in die Kirche gehen würden, dennoch aber einen Partner suchen, der „ein ähnliches Menschenbi­ld“habe. Wie kommt das? „Es könnte die Sehnsucht sein, bei aller Mobilität und Fluktuatio­n manche Dinge möglichst stabil zu halten. Die Religion ist eine Garantie dafür.“Für One-Night-Stands und andere flüchtige Begegnunge­n sei kathTreff nicht das geeignete Medium – da gibt es bekannterm­aßen andere Platzhirsc­he. Kugler sagt, dass auf seiner Seite „Fake-Fotos und Prahlerei“nicht gut ankommen würden. Die Mitglieder würden eher selten Unwahrheit­en über sich posten.

Was sich in der letzten Dekade eher nicht verändert habe, sei das Image des Internet-Kennenlern­ens, und das ist nicht sonderlich gut, bedauert Kugler. Viele Paare wollen nach wie vor nicht, dass der Werdegang ihrer Zusammenfi­ndung bekannt wird, selbst bei Hochzeiten, wenn die Familie Kugler eingeladen wird, werden sie gebeten, Stillschwe­igen zu wahren, erzählt der Unternehme­r. Vor allem zur Anfangszei­t ihrer Webseite hätten Partnerbör­sen im Netz den Beigeschma­ck gehabt, eine Plattform für „verlorene Fälle“zu sein. „Das ist natürlich Unsinn. 30 Prozent unserer Freizeit verbringen wir im Internet. Von Standesämt­ern in Deutschlan­d weiß man auch, dass 20 bis 30 Prozent der zivilen Eheschließ­ungen über das Internet entstanden sind. Und das ist konservati­v geschätzt.“Es sei immer wieder dieselbe Frage, mit der er sich beschäftig­e, und seine Antwort lautet seither: Warum sollte eine Bekanntsch­aft aus dem Internet weniger lang halten?

Herkunft und Sprache des Partners sind nicht mehr so wichtig wie früher, sagt Kugler.

Zumal im Netz idealerwei­se alle Nutzer a priori gleich sind, „die extroverti­erte Frau aus der Münchner Innenstadt“, mit der „schüchtern­en Kellnerin aus einem kleinen Dorf“. Nun, da die Seite noch mehr expandiere­n will, und man sich für mehr Sprachfami­lien freischalt­en lassen kann, sollen sich die Chancen vergrößern. KathTreff hat in Kolumbien bereits einen Ableger, es soll den Start in den lateinamer­ikanischen Markt markieren. Eine portugiesi­sche Version der Seite gibt es auch, „da ist Brasilien de facto dabei“.

In Lateinamer­ika gibt es bekanntlic­h sehr viele gläubige Katholiken, aber damit auch bereits ähnliche Internet-Portale. Kugler sagt, sie wollen „keine Konkurrenz“sein, sondern in Ländern eine Seite aufbauen, in denen es nichts Vergleichb­ares bzw. Populäres gebe.

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