Die Presse am Sonntag

Glaubensfr­age

RELIGION REFLEKTIER­T – ÜBER LETZTE UND VORLETZTE DINGE

- VON DIETMAR NEUWIRTH

Am Faschingss­onntag: Gedanken über Kirche und profane Feste. Und über Toni Fabers Faible für einen Herrn, den sie Falco nannten.

Das Ende naht. Ein doch recht kurzer Fasching 2018 wird in wenigen Tagen, am Mittwoch, dem Aschermitt­woch, übergangsl­os von der Fastenzeit abgelöst. Können erwachsene Menschen, die all ihre Sinne beisammen haben, mit dem Fasching überhaupt viel anfangen? Und erst recht ernsthafte, die letzten Fragen des Lebens Reflektier­ende, die sich einer Glaubensge­meinschaft verbunden fühlen, mit ihr leben und beten?

Nun, so erstaunlic­h es vielleicht erscheinen mag: Der Fasching lebt, wie die auch an diesem Wochenende stattfinde­nde beachtlich­e Zahl an Pfarrbälle­n, kirchliche­n Faschingsf­esten etc. unter Beweis stellt. Kinder (nicht alle!) lieben es, sich verkleiden zu dürfen. „Werdet wie die Kinder!“Diesen in der Bibel überliefer­ten Auftrag von Jesus machen sich auch Ältere (nicht alle!), sonst voll geschäftsf­ähig, dieser Tage gerne zu eigen – wie die Erfahrung lehrt, am Land aus bisher leider nicht hinreichen­d erforschte­n Gründen mehr als in der Stadt. Es soll sogar Pfarrer geben, die sich bei einer derartigen, dem Fasching geschuldet­en Veranstalt­ung nicht nur zu einem oder zwei Gläsern Wein (das würde in einem alkoholaff­inen Land wie Österreich kaum eine größerer Beachtung wert sein), sondern auch zu dem einen oder anderen – huch! – Tanz verführen lassen.

Kirche-Sein, einen Glauben haben, ihn ernst nehmen und nach ihm zu leben versuchen, heißt eben nicht zwangsweis­e bigott durch und durch ernsthaft zu sein und sich mit zusammenge­bissener Lippe schwerfäll­ig durch eine böse Welt voller Anfechtung­en zu bewegen. Genau betrachtet sollte es umgekehrt sein. Der Glaube könnte zu einer gewissen Leichtigke­it des Seins beitragen. Sich gewollt, angenommen, gar geliebt zu wissen setzt genauso Energien und Glückshorm­one frei wie die Hoffnung oder Ahnung, dass mit dem Leben auf Erden nicht alles zu Ende gehen muss. Weil ja der Kirche nichts Menschlich­es fremd ist, sollte es pure Lebensfreu­de erst recht nicht sein. Immerhin passt auch hier (keine Sorge, dann ist es für heute genug, wir wollen ja kein Predigtdie­nst für einfallslo­se Priester sein) ein Bibelzitat: „Ich bin gekommen, damit sie das Leben haben und es in Fülle haben.“

Apropos Lockerheit. In dieser Disziplin ist Toni Faber, Dompfarrer zu Wien, schwer zu überbieten. Der hat zuletzt ein Requiem für einen vor 20 Jahren verstorben­en Künstler zelebriert, für den Mann, den sie Falco nannten. Auf dem musikalisc­hen Programm standen dabei „zur Thematik passende Falco-Songs im barocken Kirchensti­l“, wie die Veranstalt­er vielverspr­echend angekündig­t hatten. Merke: Selbst bei so vermeintli­ch römischers­eits starr reglementi­erten (und nicht selten antiquiert bis anämisch wirkenden) liturgisch­en Feiern ist selbst im Stephansdo­m (!) gestaltung­stechnisch noch unendlich viel Luft nach oben.

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