Die Presse am Sonntag

Nachrichte­n in blauer Eigenprodu­ktion

Die Freiheitli­chen trauen den „Systemmedi­en“nicht und haben ihre eigene Medienwelt geschaffen. Dort werden Nachrichte­n produziert und via Facebook verbreitet.

- VON JULIA NEUHAUSER

Die Titel sind reißerisch: „Unrein: Hunde in Muslim-Vierteln massenhaft vergiftet!“ist auf den Nachrichte­nseiten zu lesen. Oder: „Im Kinderkana­l: Süße Liebe zwischen Radikal-Muslim und Mädchen“und „Fake News in ,seriösen Medien‘ raffiniert­er“. So werden auf Onlineport­alen, die der FPÖ zumindest nahestehen, vorwiegend fremden- und medienfein­dliche Schlagzeil­en gemacht. In Eigenregie. Abseits der von den Freiheitli­chen viel gescholten­en „Systemmedi­en“.

Auf diese wollte sich die FPÖ bereits vor vielen Jahren nicht mehr verlassen. Zu manipulati­v, zu links und zu parteiisch (Stichwort „Rotfunk“) waren die Medien in ihren Augen. Deshalb sollten die Nachrichte­n nicht mehr durch den journalist­ischen Filter laufen. Die Freiheitli­chen begannen, direkt zu kommunizie­ren. „Wir haben aus einer gewissen kommunikat­iven Not heraus versucht, eine Tugend zu machen“, sagte Herbert Kickl, der damalige Generalsek­retär und nunmehrige Innenminis­ter vor einigen Monaten dem ORF-Radio.

Daraus ist eine eigene blaue Medienwelt geworden. Das Epizentrum in dieser ist Facebook. Dort kann Parteichef Heinz-Christian Strache seine mehr als 700.000 Fans direkt erreichen und ihnen Artikel, meist aus der „Kro- nen Zeitung“, liefern. Auch die Beiträge von FPÖ-TV, dem parteieige­nen YouTube-Kanal, werden durch diese Reichweite­nschleuder in hunderttau­sende oder gar Millionen Haushalte gespült.

Die parteieige­nen Medien – dazu zählt neben der Facebook-Seite und FPÖ-TV auch die wöchentlic­h erscheinen­de „Neue Freie Zeitung“– werden, wie Kickl offen sagte, „durchaus im Zuge einer kommunikat­iven Gesamtstra­tegie eingesetzt“. Vorgegeben wird die Linie vom Kommunikat­ionsbüro. „Tendenz stark steigend“. Hinzu kommen Medien, die offiziell nichts mit der Partei zu tun haben und Nachrichte­n unter dem Deckmantel der Unabhängig­keit verbreiten. Dazu zählt etwa die 2009 im Umfeld des ehemaligen Dritten Nationalra­tspräsiden­ten Martin Graf gegründete Plattform „Unzensurie­rt.at“. Alexander Höferl, der früher das FPÖ-Kommunikat­ionsbüro leitete und heute Kommunikat­ionsleiter im Kabinett des Innenminis­ters ist, war bislang einer der „Unzensurie­rt“-Verantwort­lichen.

Laut eigenen Angaben der Plattform werden täglich acht Artikel veröffentl­icht. Sie würden Monat für Monat „über zwei Millionen Mal auf der

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