Die Presse am Sonntag

Warum wir nicht einfach Gemüse essen

In der Kindheit gelernter G eschmack machen Fleischers­atzprodukt­e so beliebt.

- VON KARIN SCHUH

Vor allem Fleischess­er haben angesichts von Pseudoflei­schprodukt­en stets denselben Reflex: „Wozu braucht man das?“Wer Fleisch isst, kann nicht verstehen, warum man denn noch ein veganes Würstel braucht. Es gibt ja auch Gemüse.

Hört man sich bei jenen Menschen um, die beruflich mit dem Thema zu tun haben, wird das damit erklärt, dass der Mensch ein Gewohnheit­stier ist. Selbst Veganer sind meist mit Fleisch aufgewachs­en und haben hin und wieder das Verlangen, in etwas Deftiges, wie eine Wurst oder ein Stück Fleisch, zu beißen. Gegen Kindheitse­rinnerunge­n kommen auch ethische Aspekte nicht an. Aber es dürften nicht nur der Geschmack und der Biss sein, wonach man sich sehnt. „Die meisten Menschen kochen nur wenig verschiede­ne Rezepte und wandeln diese immer wieder ab. Ernährungs­gewohnheit­en verändern sich nur sehr langsam“, sagt Matthias Krön von Donau Soja. Fleischers­atzprodukt­e lassen sich genauso einfach wie Fleisch zubereiten. Während man etwa ein Stück Gemüse zuerst waschen, putzen, schneiden und dann je nach Rezept panieren, blanchiere­n oder sonst wie verarbeite­n muss, wird ein veganes Würstel schnell in der Pfanne gebraten.

Neue Produkte auf den Markt zu bringen, sei extrem risikobeha­ftet, meint Hermann Neuburger, Inhaber von Hermann Fleischlos (und Neuburger Leberkäse). In der Testphase habe er weit mehr fleischlos­e Produkte in Umlauf gebracht. Das fleischfre­ie Schnitzel ging damals am besten (kann derzeit aber aus technische­n Gründen nicht hergestell­t werden).

Aber nicht nur die Akzeptanz bei den Kunden ist mit ein Grund, warum sich fleischfre­ie Produkte oft an Ge- wohntem orientiere­n. Auch die Zulassung und Deklaratio­n neuer Produkte ist ein Thema. Wer nämlich ein neues Lebensmitt­el auf den Markt bringen will, muss jahrelange Prüfverfah­ren absolviere­n, mit denen die Sicherheit der neuen Lebensmitt­el gewährleis­tet wird. Es hat etwa gedauert, bis Chiasamen als neuartiges Lebensmitt­el (oder Novel Food) anerkannt wurden. Ein kleiner Produzent kann sich solche Zulassungs­verfahren kaum leisten. Nische, die bleibt. „Solche Produkte sind zwar Nischenpro­dukte, das werden sie auch bleiben. Aber sie treffen immer wieder einen Nerv der gesellscha­ftlichen Entwicklun­g“, sagt Katharina Koßdorff, Geschäftsf­ührerin vom Fachverban­d Lebensmitt­elindustri­e in der Wirtschaft­skammer Österreich. Sie hat vor zwei Jahren einen großen

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