Ein Schrecken für eineinhalb Stunden
Solange billiges Zentralbankgeld der Börsenmotor ist, führen Panikattacken zu erratischem Verhalten.
Was war das für ein Wechselbad der Gefühle am Aschermittwoch! Am Morgen hatte noch Zuversicht geherrscht, zumal einige Analysten eine sinkende Inflation in den USA prophezeit hatten. Um 14.30 Uhr stand dann das Gegenteil fest: Das US-Arbeitsministerium teilte mit, dass die Inflation im Jänner im Jahresvergleich um 2,1 Prozent und zum Vormonat um 0,5 Prozent gestiegen sei. Damit war das „Feuer der Inflationsängste“(Commerzbank-Analystin Antje Praefcke) ausgebrochen. Und die Börsen fielen umgehend in die Verlustzone.
Die Ratio hinter dem Verhalten: Steigt die Inflation oder die Angst, dass sie anziehen könnte, so steigt auch die Wahrscheinlichkeit, dass die Notenbanken die Leitzinsen anheben und damit die Kapitalmarktzinsen nach oben treiben, was wiederum die Wirtschaft dämpfen und in jedem Fall das Geld verteuern wür- de, das bislang spottbillig von den Zentralbanken in die Märkte und vielfach in Aktien fließt.
Wer nun denkt, dass die Börsen nach diesem Schock in Schockstarre verharrten, irrt. Um 16 Uhr notierten die wichtigsten Indizes in Europa bereits wieder im Plus, und auch der amerikanische Dow Jones zog bald nach.
Wo ging die Panik hin? Wo kam das erratische Verhalten her? Es war wie vor knapp zwei Wochen, als in den USA ein Anstieg der Stundenlöhne gegenüber dem Vorjahr um 2,9 Prozent – so stark wie seit neun Jahren nicht – ausgewiesen wurde. Die Folge war ein FlashCrash an den Börsen von über zehn Prozent.
Schocks und Panikattacken werden an der Börse allmählich zum Alltag. Und ausgelöst werden sie vor allem von der Angst vor Inflation. 60 Prozent der Investoren sehen Inflation als eine der größten Gefahren, ergab eine Um- frage der Bank of America Merrill Lynch.
Hinter aller Logik zeigt sich freilich auch eines: Börse hat oft etwas Hysterisches. Und die Hysterie ist mit den Jahren gestiegen, zumal das Billiggeld der Hauptmotor für die Kursanstiege ist. Solange das der Fall ist, werden Panikattacken zu erratischem Verhalten führen, weil man vor jeder Straffung durch die Nationalbanken Angst hat. Und das obwohl diese ohnehin sehr behutsam dabei vorgehen, was dann wieder für große Erleichterung sorgt. Der sukzessive Ausstieg aus dieser Politik wird also nicht ohne Erschütterungen einhergehen, weil sich eine ganze Generation von Händlern keinen anderen Zustand als den mit billigem Geld vorstellen kann: Sie hat einfach keinen anderen erlebt. Wer schon länger auf dem Aktienmarkt unterwegs ist, weiß: Es gibt ein Leben nach der Zinsschraube.