Die Presse am Sonntag

Von Gold geträumt, Blech gewonnen

Janine Flock führte nach drei von vier Skeletonlä­ufen, verlor im Finish aber alles und wurde Vierte.

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Skeleton ist eine sehr heikle, diffizile Sportart. Es ähnelt dem Rodeln, läuft aber kopfüber für den Piloten ab. Anlauf, geschickte­r Sprung auf den Schlitten, und dann geht es auf dem Bauch liegend durch den Eiskanal. Geschwindi­gkeiten über 100 km/h vermitteln nicht nur den Eindruck, als wäre man selbst in einer Kugelbahn, auch Fliehkräft­e und Kurvengesc­hwindigkei­ten sind durchaus damit vergleichb­ar.

Bei Olympia ist diese EiskanalSp­arte seit 2002 für Österreich im Blickpunkt. Damals gewann Martin Rettl, er nannte sich selbst den „rasenden Kakadu“aufgrund seiner buntschril­len Haarpracht, Silber. Es sollte bis dato Österreich­s letzte Medaille bleiben, denn Janine Flocks großer Traum, bei ihren zweiten Spielen erstmals zu Edelmetall zu rasen, erlitt im finalen von vier Durchgänge­n einen herben Dämpfer. Sie lag nach drei Läu- fen in Führung, die 28-jährige Tirolerin, 2016 bereits Vizeweltme­isterin, aber verlor sukzessive Zeit. Langsamer Start, nicht die optimale Linie gefunden und keinesfall­s makellos unterwegs gewesen. Also zu langsam, sogar zu langsam für das Podest – und damit wiederholt­e sich die Enttäuschu­ng von Sotschi, als sie Neunte wurde. Die Rumerin gewann erneut nur Blech. Tränen und Zorn. Wer nach drei von vier Läufen führt, aber nach dem vierten mit leeren Händen dasteht – die Medaillen wanderten an Titelverte­idigerin Lizzy Yarnold aus Großbritan­nien, die Deutsche Jacqueline Lölling und die Britin Laura Deas – kann mit der eigenen Leistung, mit dem Schicksal oder den 1,6-Millimeter-hauchdünne­n Kufen nicht mehr zufrieden sein. 0,64 Sekunden fehlten Flock auf die Siegerin, dass ihr jedoch nur 0,02 Se- kunden, das sind zwei Hundertste­l, auf Bronze fehlten, ist nur schwer greifbar. Das ist kein Hauch, es ist nichts. Aber Zahlen kennen keine Ausnahmen.

„Leider habe ich schon im zweiten Lauf den gleichen Fehler gemacht wie im Abschlusst­raining“, sagte die Neunte von Sotschi. Da touchierte sie vor Kurve neun und dann leicht erneut noch vor der 13. mit der Bande. „Da habe ich den Schlitten ein bisschen zu viel gehen lassen, aber die Zeit war halbwegs okay.“Tags darauf war die zeit passabler, aber die Konkurrenz noch schneller unterwegs. Die Britin Yarnold markierte sogar neuen Bahnrekord, eine Marke, die Flock mit einem eher schwachen Start nicht mehr einzuholen wusste. Dass sie gänzlich ohne Medaille bleibt, das wird die Tirolerin wohl noch länger begleiten. Wahrschein­lich vier weitere Jahre lang.

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