Als das Schwänzen politisch wurde
Ein neues Phänomen ist es nicht, es steht nur wieder mehr im Fokus: das Schulschwänzen. Demnächst drohen strengere Strafen. Das Fernbleiben vom Unterricht kann Vorbote für Schlimmeres sein – und wird an manchen Schulen per SMS bekämpft.
Schule zu schwänzen ist kein neues Phänomen. Jeder erinnert sich an Mitschüler, die am Tag des Chemietests plötzlich nicht auftauchten. An Kollegen, die im Frühling auf ein Eis statt zum Nachmittagsturnen gingen, die einen Einkaufsbummel machten, statt Stillleben zu malen, die ob einer vergessenen Deutschhausübung lieber nicht auftauchten. Oder vielleicht an sich selbst vor einem vollgeschmierten Zettel beim Versuch, die Unterschrift eines Elternteils möglichst originalgetreu nachzumalen.
Jetzt rückt das Schwänzen plötzlich in den Fokus der Politik. Die Stoßrichtung: Schwänzen ist kein Kavaliersdelikt, sondern mitunter nur die erste Stufe eines Fehlverhaltens, das im schlimmsten Fall im Schulabbruch münden kann. Dauerschwänzer verbauen sich die Chance auf eine ordentliche Ausbildung – und liegen womöglich, konsequent weitergedacht, irgendwann dem Sozialstaat auf der Ta- sche. Nach mehreren Vorstößen des damaligen Integrationsstaatssekretärs Sebastian Kurz (ÖVP) bastelte man 2012 österreichweit einen Fünfstufenplan, an dessen Ende – nach diversen Gesprächen mit Eltern, mit Psychologen und Behörden – Geldstrafen von bis zu 440 Euro drohten, doppelt so viel wie zuvor. Sehr oft wurde das Extrem allerdings nicht ausgeschöpft: Pro Jahr kam es zu rund 2500 Strafverfahren – bei rund einer Million Schülern. Schulangst und Mobbing. Türkis-Blau legt nun nach. Wenn Schüler vier Tage ungerechtfertigt fehlen, hat das ab Herbst sehr schnell Konsequenzen: Es gibt ein Verfahren, die Eltern werden jedenfalls zur Kasse gebeten und zahlen mindestens 110 (maximal 440) Euro. Die Meinungen darüber sind geteilt. Während die einen weniger Bürokratie und raschere Konsequenzen für sinnvoll halten, kritisieren die anderen Sehnsucht nach Sanktionen. Wer viel schwänze, mache das selten zum Vergnügen. Die Gründe für das Schwänzen seien oft tiefer liegend – von Schulangst über Überforderung bis Mobbing. Bei solchen Fällen würden Strafen nicht viel ändern.
An vielen Schulen wird ohnedies auch mit anderen Maßnahmen gegen Schwänzen angekämpft. In Wien wurde ein ganzer Katalog von Empfehlungen gegen Schwänzen und Schulabbruch ausgearbeitet. Sie reichen vom genauen Hinschauen, wann und wieso die Schüler fehlen, zu positivem Schulklima und Drop-out-Verantwortlichen. Zahlreiche Schulen in Tirol und anderswo informieren Eltern per SMS,