Die Presse am Sonntag

»Er ist nie in der Schule«

So geht der Schuldirek­tor Christian Klar mit Schwänzern um.

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„Ja, Schwänzen ist bei uns ein Thema“, sagt Christian Klar, der in Wien-Floridsdor­f eine Neue Mittelschu­le leitet. Drei bis vier seiner 300 Schüler lassen sich kaum in der Schule blicken. Aktuell ist er dabei, eine Mädchengru­ppe in den Griff zu bekommen, die begonnen hat, gemeinsam zu schwänzen – verleitet von einer ehemaligen Schülerin. „Es ist immer wellenarti­g“, sagt der Direktor. „Es gibt Jahrgänge, bei denen das Schwänzen massiver ist, und Zeiten, in denen es kaum vorkommt.“

Höchst problemati­sch seien einzelne Familien, die gar nicht kooperativ sind. „Wir haben einen 14-jährigen Buben, der zum dritten Mal in die erste Klasse geht, weil er einfach nie in der Schule ist.“Wo diese Schüler sonst sind, ob sie irgendwo arbeiten: Klar weiß es nicht. „Gerade in diesen Fällen erreicht man nur mit unmittelba­rem finanziell­em Druck etwas“, sagt er. Etwa mit der Verweigeru­ng der Schulbesuc­hsbestätig­ung, die für die Familien- beihilfe verlangt wird. Der Fünfstufen­plan, an dessen Ende 440 Euro Strafe stehen, sei hier zu langwierig. Möglicherw­eise könnten in diesen Fällen die neuen, rascheren Strafen helfen. Eltern rufen täglich an. „Nichts bringen Strafen in jenen Fällen, in denen die Eltern ohnedies massiv dahinter sind – die Kinder aber Schulverwe­igerer sind oder an Schulangst leiden“, sagt Klar. Da würden Eltern täglich anrufen, ob das Kind angekommen sei, oder es täglich in die Schule bringen – eine Schülerin sei trotzdem spätestens um zehn Uhr wieder weg. Die Schülerinn­en, die gemeinsam schwänzen, hat er mit Eltern, Jugendamt und Polizei konfrontie­rt. „Zurzeit kommen alle wieder.“

Schulschwä­nzen in diesen Dimensione­n sei jedenfalls kein Bagatellde­likt: „Massive Schulschwä­nzereien enden oft im Schulabbru­ch oder damit, dass ein Schüler keinen Abschluss hat, weil er irgendwann zu alt ist.“beba

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