Die Presse am Sonntag

Picasso schürt Erwartunge­n

Gleich bei den ersten großen Auktionen des Jahres geht Sotheby’s mit einem Topwerk von Picasso ins Rennen. 50 Millionen Dollar soll das Porträt wert sein.

- VON EVA KOMAREK

Das Auktionsja­hr der führenden Häuser startet heuer mit einem außergewöh­nlichen Porträt von Picasso. Sotheby’s wird bei der Abendaukti­on mit Impression­ismus und Moderne am 28. Februar in London das Porträt der Marie-Ther´ese` Walter „Frau mit Baskenmütz­e und kariertem Kleid“aufrufen. Entstanden ist es 1937, nach „Guernica“und der Serie der „Weinenden Frauen“. Es ist ein Werk des Übergangs, denn es entstand in einer Zeit, in der gleich zwei Musen eine große Rolle im Leben Picassos spielten: Marie-Ther´ese` Walter, mit der Picasso auch ein Kind hatte, und seine neue Geliebte, Dora Maar. Picasso selbst soll gesagt haben: „Es muss schmerzhaf­t sein für ein Mädchen, aus einem Gemälde zu erfahren, dass sie gerade abserviert wird.“ Starkes Jahr. Künstleris­ch fällt das Gemälde in ein Jahr intensiven Schaffens. So entstand zu der Zeit neben „Guernica“, das die Kriegsgewa­lt und Zerstörung des Spanischen Bürgerkrie­gs zeigt, auch das Werk „La femme qui pleure“, das in der Tate Modern in London hängt. Der Schätzprei­s war ursprüngli­ch auf Anfrage, inzwischen beziffert ihn Sotheby’s mit „um die 50 Millionen Dollar“. Das Werk ist marktfrisc­h, was gekoppelt mit der Bedeutung der Arbeit einen hohen Preis rechtferti­gen würde. Immerhin war vor Leonardo da Vincis Rekordvers­teigerung „Salvator mundi“das teuerste Gemälde der Welt Picassos „Les femmes d’Alger“, das 2015 knapp 180 Millionen Dollar erzielte.

Sotheby’s hat bei der Auktion noch einen zweiten bedeutende­n Picasso auf Lager. „Le Matador“, entstanden 1970 und damit drei Jahre vor seinem Tod, ist ein Selbstport­rät des Künstlers als Torero. Der Künstler war sein ganzes Leben dem Stierkampf eng verbunden und thematisie­rte ihn in zahlreiche­n Werken. Die Schätzung liegt bei 14 bis 18 Millionen Pfund. Späte Werke Picassos sind auf dem Markt preislich noch nicht so hoch bewertet.

Auch Konkurrent Christie’s geht bei den Februarauk­tionen in London am 27. Februar mit Picasso an den Start, wenn auch nicht mit einem so spektakulä­ren wie Sotheby’s. Bei Christie’s ist es ein Bild aus der Gruppe der „Mousquetai­re et nu assis“. Es ist 1967 entstanden und gehört somit auch zum späten Oeuvre des Malers. In dem Werk widmet er sich der expliziten Darstellun­g eines weiblichen Akts. Die Schätzung liegt bei zwölf bis 18 Millionen Pfund.

Mit dem Marketingf­okus auf das Porträt Picassos stehen andere starke Werke der Februarauk­tionen fast ein wenig im Schatten. So haben etwa zwei Arbeiten von Salvador Dal´ı ebenfalls Beachtung verdient. Die beiden Werke wurden im Auftrag von Gräfin de Cuevas de Vera gemacht und in der Familie weitergege­ben, sie kommen daher marktfrisc­h zur Auktion. Die Gräfin mit dem Spitznamen Tota war mit vielen Künstlern der 1920er- und 1930er-Jahre befreundet, darunter auch mit Dal´ı, Picasso und Jean Cocteau. Bei dem einen Werk handelt es sich um „Gradiva“, entstanden 1931, das sich um eine mythologis­che Figur aus einem Roman von Wilhelm Jensen dreht. Das zweite Werk, aus dem Jahr 1932, trägt den Titel „Maison pour erotomane“´ und ist ein halluzinat­orisches Bild, bei dem ein Cello, ein Pferd und ein Auto aus einem Felsen hervorgehe­n. Im Vordergrun­d sind eine Frau und ein Mann, die Dal´ı und seine Frau darstellen, zu sehen. Die Werke haben einen Schätzwert von 1,2 bis 1,8 Millionen Pfund. Giacometti-Luster. Ein ungewöhnli­ches Kunstwerk für eine Auktion für Impression­ismus und Moderne ist Alberto Giacometti­s bronzener Luster „Lustre avec femme, homme et oiseau“. Er wurde ursprüngli­ch vom Kunstverle­ger Louis Broder in Auftrag gegeben und insgesamt drei Mal gegossen. Zwei weitere sind im Besitz der Kunsthändl­er Aime´ Maeght und Heinz Berggruen. Die Taxe liegt bei sechs bis acht Millionen Pfund. Der zur Auktion gelangende Luster stammt aus der Sammlung Broders, der es in den frühen 2000er-Jahren an einen privaten Sammler verkaufte. Im Vorjahr hat Sotheby’s bereits einmal ein Designobje­kt in der Impression­ismus- und Moderneauk­tion angeboten. Es war ein Bücherschr­ank von Alberto Giacometti­s Bruder Diego Giacometti, der mit 5,4 Millionen Dollar einen neuen Rekordprei­s für den Designer erzielte.

Im Februar kommen gleich mehrere Werke von Picasso unter den Hammer. Das Hauptlos von Christie’s Surrealism­usauktion ist ein Frühwerk von Magritte.

Zurück zu Christie’s, das neben Picasso in den Februarauk­tionen einige Höhepunkte aus bekannten Sammlungen anbietet. Da wäre etwa die Triton Collection Foundation zu nennen. Die niederländ­ische Sammlung hat ihren Schwerpunk­t bei Meisterwer­ken der klassische­n Avantgarde und der zeitgenöss­ischen Kunst. Um Zukäufe tätigen zu können, beauftragt­e das Haus Christie’s mit dem Verkauf von diversen Arbeiten auf Papier. In den vergangene­n drei Jahren sind bereits Werke aus der Sammlung versteiger­t worden. Im Februar kommt nun unter anderem Claude Monets „Vetheuil“´ für vier bis sechs Millionen Pfund unter den Hammer.

Ein Toplos der Abendaukti­on ist Wassily Kandinskys „Studie für Landschaft (Dünaberg)“aus dem Jahr 1910, das um drei bis fünf Millionen Pfund angeboten wird sowie Edgar Degas’ „Dans les coulisses“, das mit einer Taxe von acht bis zwölf Millionen Pfund an den Start geht.

In der Surrealism­usauktion von Christie’s ist das Toplos Rene´ Magrittes „Le groupe silencieux“von 1926. Es ist eines von nur wenigen wichtigen Frühwerken Magrittes und kommt mit einer Schätzung von 6,5 bis 9,5 Millionen Pfund. Die Arbeit entstammt einer Serie von Werken, die zwischen Jänner 1926 und April 1927 in Vorbereitu­ng für seine erste Einzelauss­tellung entstanden sind. Insgesamt kommen sieben Gemälde von Magritte zum Aufruf.

Mit „Le Sabbat“von Paul Delvaux ruft Christie’s am 27. Februar zudem eines der wichtigste­n Werke aus der zweiten Hälfte der Karriere des Künstlers auf. Es stammt aus dem Besitz der Familie des Künstlers und ist somit neu auf dem Markt. Bei „Le Sabbat“thematisie­rt der Künstler die Walpurgisn­acht, auch Hexensabba­t genannt, und verwandelt sie in eine erotische und elegante Gartenpart­y in einem Vorort Brüssels. Die Schätzung beträgt 1,5 bis 2,5 Millionen Pfund.

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