Wichtigste Frage offen: Wer soll das bezahlen?
Der Pflegeregress ist abgeschafft, wesentliche Punkte sind nach wie vor unklar.
der Durchführungsverordnung ab, die nicht vorliegt. Die Zahl der Selbstzahler liegt jetzt jedenfalls bei Null.
Werden nun alte Menschen in Heime quasi abgeschoben? Das beobachtet man auch hier nicht, „man kann nie ausschließen, dass es einen Druck von Angehörigen gibt, aber in den allermeisten Fällen kommt jemand in stationäre Pflege, weil es daheim nicht mehr geht“, sagt Bodmann. Grundsätzlich gelte auch hier, dass sich wohl 90 Prozent der Senioren ein Leben daheim wünschen – auch, wie auch Bodmann anspricht, weil man von stationärer Pflege oft ein falsches Bild hat – und tendenziell später ins Heim gehe.
Als das Haus St. Barbara 1999 eröffnet wurde, sind Bewohner durchschnittlich mit Pflegestufe 3,6 eingezogen, heute liegt diese mit fünf höher.
Das beobachte man in allen Pflegehäusern: Die Stufe hat sich nach oben entwickelt, auch das Alter der Bewohner beim Einzug, die Dauer des Aufenthaltes hier, im „letzten Zuhause“, wie es heißt, ist auf 20 Monate gesunken. Mehr Barrierefreiheit im Alter, ein besseres Angebot an mobiler Pflege, die Professionalisierung der 24-StundenPflege hätten dazu beigetragen. Steigender Bedarf. Wie sich das entwickelt? Ob der junge Trend Richtung Heimen anhält? Auch das ist eine politische Entscheidung, schließlich gibt es Willensbekundungen, auch die mobile Pflege zu stärken. Beim Hilfswerk, dem größten Anbieter in diesem Bereich, berichtet man da von steigendem Bedarf – und fordert weitere Förderung und einen Ausbau, damit der Druck in Richtung Heim nicht zu groß werde. Denn, bei allem, was sich dort verbessert hat, bei allem, was in den Häusern nicht mehr den Schreckensbildern von den alten Heimen entspricht – der Wunsch sieht dennoch anders aus. Ein Zugriff auf das Vermögen von Menschen, die in stationären Pflegeeinrichtungen aufgenommen wurden, um die Kosten abzudecken, ist verboten. Was im Sommer eilig vor der Nationalratswahl beschlossen wurde, gilt seit Jänner. Was das im Detail heißt? Das ist nicht abschließend geklärt: Gabriele Graumann vom KWP, dem Kuratorium Wiener Pensionistenwohnhäuser, berichtet von Streitfällen ums Erbe.
Bei Bewohnern, die seit Jahresanfang verstorben sind, werden nun abschließende Abrechnung fällig. Nachdem der Regress abgeschafft ist, sind Fälle bei Gericht anhängig, da nicht geklärt sei, welche Forderungen gegenüber den Angehörigen, auch über die Zeit vor 1. Jänner, noch zulässig sind.
Auch abgesehen davon, in der Pflegebranche herrscht massiver Unmut. Die Durchführungsverordnung zur Abschaffung des Pflegeregresses liegt noch nicht vor, von dieser hängen die Details der Umsetzung ab.
Offen ist auch die Frage der Finanzierung. Als die Abschaffung des Regresses beschlossen wurde, hat man den Ländern und Gemeinden, die die Heime betreiben, 100 Millionen Euro im Jahr als Kostenersatz für den fehlenden Vermögenszugriff zugesagt. Bei Kosten grob verschätzt. Tatsächlich aber dürften die Kosten bei 350 bis 500 Millionen Euro liegen, schätzt der Gemeindebund, auch die bereits von Ländern bezifferten Mehrkosten weisen in diese Größenordnung. Diese Kosten fordern Kommunen und Länder vehement vom Bund – gegebenenfalls via Verfassungsgerichtshof.
Die Zeit, eine Lösung zu finden, drängt. Aber auch im zuständigen Sozialministerium weiß man noch nicht, mit welchem Aufwand man zu tun hat. „Die Zahlen wurde eingefordert und sollen bis Juni feststehen“, heißt es.
Auch die Details der Durchführung sind noch unklar. „Wir reden jetzt Generalsekretär Caritas Wien, verantwortlich für den Bereich Pflege kurzfristig über den Regress. Was fehlt, ist die Debatte, wie wir Pflege organisieren wollen, wofür sind die Länder, wofür der Bund zuständig?“, sagt Alexander Bodmann, Co-Generalsekretär der Caritas Wien. Wien zahlt mehr. Oder Fragen, wie Standards in der Pflege vereinheitlicht werden können, schließlich gelten in den Bundesländern etwa unterschiedliche Personalschlüssel – in Wien wird beispielsweise mehr Personal (und damit mehr Betreuungszeit) finanziert als etwa in der Steiermark. Diese Fragen, so Bodmann, müssten geklärt werden – aber ohne Standards zu senken.
Offen ist auch, ob künftig strengere Kriterien – sprich eine höhere Pflegestufe als Voraussetzung – für die Betreuung in Heimen gelten könnte und die günstigere mobile Pflege stattdessen stärker gefördert werden könnte. Oder, ob überhaupt in das System der Pflegestufen eingegriffen wird.
Senioren kommen heute tendenziell später ins Heim – die Situation daheim ist besser.