Athen ist auf der Zielgeraden
Die Ratingagenturen sagen Griechenland einen reibungslosen Ausstieg aus dem EU-Rettungsschirm voraus. Doch der Aufschwung ist fragil, die Staatsschulden bleiben viel zu hoch. Und ein Schuldenschnitt ist in Europa höchst unpopulär.
Die guten Nachrichten aus Griechenland häufen sich: Anfang Februar nahm Athen zum ersten Mal seit 2010 eine siebenjährige Anleihe auf, mit 3,5 Prozent Risikozins. Am Mittwoch hob die Ratingagentur Moody’s Griechenlands Kreditwürdigkeit um zwei Stufen an, fünf Tage nach einer Aufwertung durch Fitch. Und am Freitag gab das griechische Höchstgericht grünes Licht für eine Mega-Investition: Die Entwicklung von Elliniko, dem Gelände des ehemaligen Athener Flughafens.
Das war eine von zwei noch offenen Bedingungen für die Freigabe einer Kredittranche von 5,7 Milliarden Euro durch die internationalen Gläubiger. Nach acht Jahren unter dem EURettungsschirm scheint Griechenland in die Zielgerade eingelaufen zu sein.
Als letztes der Krisenländer wird sich Griechenland im August aus dem Rettungsprogramm verabschieden – um sich künftig selbst auf dem Kapitalmarkt zu finanzieren. So sieht das nicht nur die Regierung in Athen, so sehen das auch die Ratingagenturen: Moody’s glaubt an den „sauberen“Ausstieg Griechenlands und eine reibungslose Finanzierung des Landes auf den internationalen Finanzmärkten. Die Agentur spricht gar davon, dass Griechenlands Erfolge im dritten Anpassungsprogramm die „Erwartungen übertroffen“hätten und weitaus größer seien als bei den beiden ersten Programmen.
Wer hätte das gedacht von der Regierung des linken, zum Sparmeister gewandelten Volkstribunen Alexis Tsipras? Man muss nur an die Panik den- ken, die die schrittweise Verschrottung der griechischen Bonität Ende 2009 und Anfang 2010 durch dieselben Ratingagenturen auslöste, um ermessen zu können, wie stark sich das Bild von Griechenland gewandelt hat. Schlammschlacht der Parteien. Griechenlands Politik scheint den Ausstieg nach acht Jahren an der Kandare der Gläubiger bereits vorwegzunehmen. Anstatt sich mit den vielen künftigen Herausforderungen für die immer noch schwache griechische Wirtschaft auseinanderzusetzen, lieferten sich die Parteien vergangene Woche aus Anlass des Novartis-Skandals eine Schlammschlacht, die bereits erste Spekulationen über vorgezogene Neuwahlen im Herbst aufkommen lassen. Doch auch das schreckt die Ratingagenturen nicht mehr: Im Gegensatz zum Frühjahr 2014, als Griechenland ebenfalls auf dem Sprung aus dem Rettungsschirm zu sein schien, sieht man diesmal kein „politisches Risiko“. Der Grund ist, dass auch die größte Oppositionspartei, seit 2015 die konservative Nea Dimokratia, zu dem Sparprogramm steht – dass also ein eventueller Regierungswechsel keine Auswirkungen auf die Erfüllung der Budgetziele haben wird. Ganz im Ge- Touristen kommen nach wie vor gern nach Griechenland. Jetzt muss Athen auch die Investoren anlocken. gensatz zu 2014, als das radikale Linksbündnis von Alexis Tsipras in allen Tonlagen ankündigte, dass es die „Sparmemoranden zerreißen“würde.
Doch die politische Klasse sollte noch nicht zur Tagesordnung übergehen. Der Aufschwung ist nach wie vor fragil. Es wird nur zaghaft investiert, der Konsum ist noch schwach, das Wirtschaftswachstum war 2017 mit um die 1,5 Prozent relativ niedrig. Auch die Arbeitslosigkeit war mit über 20 Prozent viel zu hoch. Die Anleihen sind zwar kein „Ramsch“mehr, aber immer noch „hochriskant“. Die Risikozuschläge müssen bis zum Sommer weiter fallen, andernfalls wird der Schuldendienst langfristig zu kostspielig. Signal an Investoren. Die Regierung muss jetzt die dritte Überprüfung des Sparprogramms abschließen. Es ist kein Zufall, dass die Gläubiger auf grünes Licht für die Milliardeninvestition in Elliniko beharren. Das Projekt wäre ein Signal für internationale Investoren. Der Businessplan muss jetzt vom Parlament abgesegnet werden.
Vor dem Sommer will Athen noch ein- oder zweimal an die Märkte. Ziel ist ein „Kapitalpuffer“für die ersten beiden Jahre in der neuen Freiheit. Mittelfristig freilich, sagen die Ratingagenturen, müsste eine weitere Erleichterung der Staatsschuld von um die 180 Prozent des Bruttoinlandprodukts erreicht werden, um ihre Nachhaltigkeit zu gewährleisten. Der Schuldenerlass muss aber erst beschlossen werden und ist höchst unpopulär in Europa. Er wird wohl die größte Hürde vor dem Ausstieg aus dem Programm werden.