Tauwetter trotz Kälte, Norwegens Rekorde, Hirschers Goldrausch
Die Winterspiele in Pyeongchang waren ein Spektakel, bei dem Österreicher fünfmal Gold gewannen, Norwegen den Medaillenspiegel dominierte, eine Snowboarderin im Super-G siegte, Skicrosser stürzten, Zuschauer fehlten, neutrale Russen und Nordkoreaner mitsp
Olympia hinterlässt nach dem Erlöschen des Feuers bei Veranstalter, Sportlern, Funktionären und Besuchern immer zuerst den wohltuenden Eindruck, ein großes Fest erlebt zu haben. Später kehrt womöglich aber Ernüchterung ein, weil Kosten doch zu hoch waren oder politische Wunschträume nicht in Erfüllung gingen. Die 23. Winterspiele von Pyeongchang enden heute mit einer pompösen Schlussfeier (12 Uhr, ORF eins).
Die nüchterne „Presse“-Bilanz: Marcel Hirscher: Der Annaberger, 28, ist an seinem großen Ziel angekommen. Er gewann nicht nur eine, sondern gleich zwei Goldmedaillen (Kombination, RTL). Dass er in seiner Paradedisziplin Slalom nach nur 22 Fahrsekunden ausgeschieden ist, fällt nicht weiter ins Gewicht. Er ist damit Österreichs erfolgreichster Starter dieser Spiele. Anna Gasser: Die Millstätterin, 26, bestätigte ihre Übermacht im Big-Air-Bewerb. Die Snowboarderin zeigte ihren Spezialsprung „Cab Double Cork 1080“und segelte zu Gold. Im Slopestyle war das Wetter für sie ein Spielverderber. David Gleirscher: Der Jungvater, 23, aus Hall in Tirol, schaffte, wovon keiner zu träumen gewagt hatte. Als letzter hatte er in der ÖRV-Equipe das Korea-Ticket gelöst und düste sensationell zu Einzel-Gold. Der Verband krönte seinen Auftritt auch mit Silber im Doppelsitzerbewerb durch Fischler/Penz und Bronze im Staffelevent. Matthias Mayer: Der Kärntner, 27, bewies einmal mehr, dass er Spezialist für Winterspiele ist. Gold in der Abfahrt 2014 folgte der Triumph im Super G 2018. Diese Medaille hat auch ungeheuern familiären Wert: Vater Helmut gewann Super-G-Silber bei den Spielen 1988 in Calgary.
Bewerbe
in 15 Disziplinen wurden in 17 Tagen ausgetragen.
Spiele
Es waren die dritten Spiele in Asien nach Sapporo 1972 und Seoul 1988. Auch die nächsten Winterspiele finden in Asien statt: 2022 in Peking.
Starter
2925 AthletInnen (104 aus Österreich) aus 92 Nationen waren am Start. Dazu kamen 3500 Betreuer – und 22.400 Volunteers.
Tausend Euro
an Medaillenprämien vergibt das Österreichische Olympische Komitee (ÖOC) – in Form von Philharmoniker-Goldmünzen.
Grad
Alpensia war an manchen Tagen auch eine Tiefkühltruhe. Nahe der Bobbahn wurde an einem Tag der Rekord von minus 34 Grad gemessen. Michael Matt: Der Olympiadebütant setzte die Medaillentradition der Familie Matt fort. Sein Bruder Andreas gewann 2010 in Vancouver Silber im Skicross, Mario triumphierte 2014 im Slalom – der jüngste des Trios gewann in Korea Slalom-Bronze. Ester Ledeck´a: Es war keine Überraschung, dass die Tschechin Gold gewinnt, wohl aber, dass sie es auf Ski im Super-G tat. Die Snowboarderin ist ein sportliches Multitalent und legte mit ihrem angestammten Sportgerät im Parallel-Riesentorlauf nach. Damit ist Ledecka, 22, eine von nur fünf Sportlern bzw. Sportlerinnen in der Geschichte der Winterspiele, die Olympiasieger in zwei verschiedenen Disziplinen geworden sind. Als erst Dritte und als erste Frau schaffte sie dieses Kunststück bei denselben Spielen.
DIE TOPS
Norwegen: 38 Stück Edelmetall und die Nummer eins im Medaillenspiegel (Stand Samstag Abend): So erfolgreich war überhaupt noch nie eine Nation bei Winterspielen. Hochgerechnet auf die 5,2 Millionen Einwohner, kommt auf alle 137.000 Norweger eine Olympiamedaille. Aber nicht nur in klassischen Disziplinen wie Langlauf, Biathlon, Skispringen und Ski, auch überraschend im Eisschnelllauf oder SkiFreestyle räumten die Wikinger ab. Zusätzlich gab es elfmal „Blech“. In der Ära der Spezialisten und Privatteams sticht Norwegens Teamphilosophie heraus, verkörpert wird sie allen voran von Größen wie Aksel Lund Svindal (Abfahrtsgold) und Kjetil Jansrud (Silber und Bronze in Abfahrt und Super-G). Österreichs kleiner Beitrag zum Olympiarekord: Der Steirer Christian Mitter ist Chefcoach von Svindal und Co., der Tiroler Alexander Stöckl dirigiert die Skispringer. Nordkorea: Die Teilnahme des Nordens hat womöglich noch nach der Schlussfeier politische Tragweite. Das Tauwetter hält an, weitere Gespräche sind vorerst anberaumt worden. Die Anwesenheit von 22 Athleten, einer 300-Mann-starken Delegation und der Cheerleader-Abteilung „Army of Beauties“verlieh diesen Spielen zwar den Charakter einer Imagekampagne, hatte jedoch einen angenehmen Nebeneffekt: Keine Angst vor Raketen. Biathlon: Zielsprints mit Fotofinish, Sensationssieger und bittere Enttäuschungen: Die Skijäger haben für die spannendsten Bewerbe dieser Spiele gesorgt. Highlight war der Goldlauf von Martin Fourcade im Massenstart, als im Finish 14 Zentimeter oder 18 Tausendstel über Gold und Silber (Simon Schempp) bestimmten. In einer Sportart, in der Sieg und Niederlage so eng beieinander liegen wie wohl in keiner anderen, waren der Franzose Fourcade (dreimal Gold) und die Deutsche Laura Dahlmeier (zweimal Gold, einmal Bronze) die großen Gewinner. Der Salzburger Alfred Eder coachte die weißrussischen Damen sensationell zu Staffelgold, in einem Rennen, in dem den favorisierten Deutschen völlig die Nerven versagten. Im Biathlon war einmal mehr alles möglich.
»Now can come what want.« Marcel Hirscher nach der ersten Goldmedaille.