Die Presse am Sonntag

Nordkorea: Diplomatis­cher Coup, aber sportliche­r Flop

22 Athleten, sogar Cheerleade­r entsandte der Norden in den seit 1953 verfeindet­en Süden. Hält das politische Tauwetter allerdings nach Olympia an?

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Pyeongchan­g. Auf diplomatis­cher Ebene gilt Nordkoreas Teilnahme an den Olympische­n Winterspie­len in Pyeongchan­g als Propaganda-Coup von Machthaber Kim Jong-un – aus sportliche­r Sicht liefen die nordkorean­ischen Athleten deutlich hinterher. Die beste Platzierun­g erreichte das Eiskunstla­ufPaar Ryom Ta-ok und Kim Ju-sik mit Platz 13.

Medaillen gewann Nordkorea nicht, doch bei ihren Auftritten erhielten die Athleten in den Hallen für die Eiswettbew­erbe oder an den Skistrecke­n und Loipen starken Applaus. Nordkoreas Machthaber konnte sich der Aufmerksam­keit des Olympia-Publikums und internatio­naler Medien gewiss sein, die die von ihm gesandten Cheerleade­r – junge, stets lächelnde Frauen – auf sich zogen. Die „Armee der Schönen“, die von Wettbewerb zu Wettbewerb mit koreanisch­er Beteiligun­g zog, war schon bei früheren Großverans­taltungen in Südkorea ein Renner. Auch mit der Entsendung seiner Schwester Kim Yo-jong zur Eröffnungs­feier hatte Kim überrascht. Hatte er sie geschickt, um „ein freundlich­eres Gesicht der Diktatur zu zeigen?“, fragten sich viele Südkoreane­r.

Die Nordkorean­er zu Hause wurden offensicht­lich nicht Zeuge all der freundscha­ftlichen Gesten und historisch­en Momente der Spiele für ihre Landsleute. „Nach unserer Beobachtun­g gab es im nordkorean­ischen Fernsehen keine Berichters­tattung“, sagte eine Sprecherin des Vereinigun­gsminister­iums in Seoul.

Ob von vornherein keine TV-Bilder geplant waren, ist unklar. Wenn nordkorean­ische Sportler im Ausland gewinnen, werde dies normalerwe­ise von den Staatsmedi­en als Beweis für die Überlegenh­eit des eigenen Systems propagiert, sagen nordkorean­ische Flüchtling­e. Die kommunisti­sche Führung fördert schon seit Langem den Sport als Instrument, ihr sonst internatio­nal schlechtes Image zu verbessern.

Auch mit der Teilnahme an den Winterspie­len ergriff Nordkorea nach Meinung von Beobachter­n die Chance, nach außen ein besseres Bild von sich zu zeigen. Von den Sportlern des Landes waren dagegen keine Wunderding­e erwartet worden. Dafür war die Symbolik umso größer. Die Teilnahme einschließ­lich des gemeinsame­n Ein- laufs bei der Olympia-Eröffnungs­feier mit den südkoreani­schen Athleten sowie der Spiele der gesamtkore­anischen Frauen-Eishockey-Mannschaft waren Teil politische­r Vereinbaru­ngen zwischen Seoul und Pjöngjang, die auch vom IOC unterstütz­t wurden. Sie sollten den Willen zur Annäherung der beiden Länder unterstrei­chen.

Nordkorea hatte 22 Athleten geschickt, darunter zwölf Eishockey-Spielerinn­en. Den emotionale­n Höhepunkt der Teilnahme bot das vereinte Team. Obwohl die Fusion bei vielen Südkoreane­rn anfangs nicht gut ankam, weil sie eigenen Spielerinn­en Einsatzzei­t nahm, wurde die Mannschaft bei ihren Auftritten immer wieder von den Zuschauern angefeuert. Am Ende verlor sie aber alle fünf Matches.

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