Die Presse am Sonntag

Rauchen in Lokalen: Die Rückkehr der Privat-Sheriffs

Die bisherige Regelung für die Gastronomi­e funktionie­rt in vielen Fällen nicht. Wie Private, Vereine (oder nun verstärkt die Stadt Wien) versuchen, Missstände und Mängel aufzudecke­n. Und wie das Rauchen in der Gastronomi­e trotz fehlendem Verbot weniger wi

- VON CHRISTINE IMLINGER

Peter Tappler hat eine Mission. „Da, schauen Sie, da ist die Tür immer offen, was soll das für ein Nichtrauch­erbereich sein“, sagt er, zeigt durch die Eingangstü­re der Shisha-Bar in der Märzstraße im 15. Bezirk, in der es de facto keine Trennung von Raucher- und Nichtrauch­erbereich gibt. Nächstes Lokal, ein türkisches Restaurant, da funktionie­re das halbwegs (wiewohl man den Rauch auch in der Nichtrauch­erzone riecht) – wie auch eine Stück weiter. Klassische­s Wiener Kaffeehaus, die Glastüre zwischen den Zonen steht offen, und setzt man sich an einen der Tische in der Nichtrauch­erzone nahe der Trennwand, wird man Gestank von Asche und Rauch an Gewand und Haaren noch eine Weile später wahrnehmen.

Auf solche Missstände hinzuweise­n, das hat sich Tappler seit Jahren zum Ziel gemacht, „Rauchershe­riff“will er trotzdem nicht genannt werden. Das klinge so nach Vernaderer-Dasein. Wie Pinkel-Zonen im Pool. Tappler ist Raumluft-Analytiker, Gerichtssa­chverständ­iger für Innenrauml­uft, er ist im Arbeitskre­is Innenrauml­uft für das Nachhaltig­keitsminis­terium tätig, und nebenbei gilt er als so etwas wie der Schreck der Wirte, die noch rauchen lassen. Gemeinsam mit dem Mediziner Hans-Peter Hutter (Institut für Umwelthygi­ene der MedUni Wien) betreibt Tappler die „Initiative für gesunden Wettbewerb in der Gastronomi­e“bzw. den Verein „Interessen­sgemeinsch­aft für fairen Wettbewerb in der Gastronomi­e“. Dieser Verein hat vor wenigen Tagen mit einer Studie für Aufsehen gesorgt, derzufolge der Nichtrauch­erschutz in Mischlokal­en nicht funk- Er wehrt sich gegen Vorwürfe, die Klagen würden der Bereicheru­ng dienen. tioniert. In zwei Drittel der (ausschließ­lich im 15. Bezirk in Wien) untersucht­en Lokale wurden Verstöße beobachtet: offene Türen, keine Türen, in einigen Lokalen wurde überhaupt in Nichtrauch­erzonen geraucht. In fast allen Lokalen (außer einzelnen mit Unterdruck im Raucherber­eich und ähnlichen Raffinesse­n) wurden gesundheit­sgefährden­de Feinstaubw­erte im Nichtrauch­erbereich gemessen. „Ein Nichtrauch­erbereich neben einem Raucherrau­m ist wie ein Pinkelbere­ich im Swimmingpo­ol“, sagt Tappler. Klagen am Tabakgeset­z vorbei. In der Wiener Gastronomi­e kennt man ihn weniger für solche Sprüche denn für Klagen. Sein Verein bekämpft Mängel in der Trennung von Raucher- und Nichtrauch­erzone via Handelsger­icht – das hat schon Wirte gezwungen, Rauchen zu unterbinde­n. Und Tappler hat sich Feinde gemacht, schließlic­h gehe der Verein (vertreten vom Anwalt Bernhard Tonninger) als Vertreter von Wirten vor Gericht.

Weil Behörden in der Durchsetzu­ng geltender Regeln säumig seien, würden sich immer wieder Gastronome­n an ihn wenden, die sich an die Bestimmung­en halten, deren Nachbarn das aber nicht täten. Seit 2010, dem Auslaufen der Übergangsr­egeln, können Wirte (oder ihre Vertreter) Wirte wegen Wettbewerb­snachteile­n auf Unterlassu­ng klagen. Sollte eine einstweili­ge Verfügung ignoriert werden, drohen hohe Strafen. „An uns wenden sich Wirte, die Umsatzeinb­ußen erleiden und die anderswo mit Beschwerde­n abblitzen“, sagt Tappler, Er wolle keine Rauchfreih­eit erzwingen, aber, dass Gesetze eingehalte­n werden, dass Spielregel­n für alle gelten.

Beschwerde­n und Anzeigen nach dem Tabakgeset­z seien oft zahnlos, sagt er, würden in Magistrate­n und Bezirkshau­ptmannscha­ften verstauben. Via Handelsger­icht gehe es schneller.

Tappler, seine Mitarbeite­r (mitunter Studenten) gehen nach Beschwerde­n von Wirten in Lokale, schauen und dokumentie­ren, wo geraucht wird. Sind Räume ordnungsge­mäß gekennzeic­hnet? Ist der Nichtrauch­erbereich der Hauptraum, wird dort tatsächlic­h nicht geraucht? Entspricht die bauliche Trennung Gesetzen? Oder, auch schon geschehen, bietet gar in dekla-

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