Die Presse am Sonntag

Schuld ist nicht (nur) die Sache mit dem Rauch

Das Caf´e Drechsler schließt – vorerst. Daran sind nicht die Probleme wegen der Rauchertre­nnung, des Schanigart­ens oder der Öffnungsze­iten schuld. Trotzdem war das Drechsler zuletzt vor allem dafür bekannt.

- VON CHRISTINE IMLINGER

Seit das bevorstehe­nde Aus bekannt wurde, ist die Liebe groß. Seither, erzählt man, läute dauernd das Telefon, Leute fragen im Cafe´ an der Wienzeile, wie es weitergeht, wollen Tische und Stühle kaufen, oder bekunden Interesse daran, das Lokal zu übernehmen.

Aber, auch alte Wiener Tradition, nach den Trauerbeku­ndungen (derer, die auch schon länger nicht mehr dort waren) kommen bald Aussagen, das Drechsler war ohnehin nicht mehr das, was es einmal war. Der alte Herr Drechsler, Enkel des Gründers Engelbert Drechsler, der das Lokal bis 2005 betrieben hatte und bekannt für seine Versorgung­sgänge zu den Naschmarkt­Standlern war, fehle. Seit der Neugestalt­ung 2007 sei es nicht mehr dasselbe. Und mit dem Frühstücks­betrieb für Nachtschwä­rmer ab drei Uhr früh, mit dem es zur Institutio­n des Wiener Nachtleben­s wurde, ist es schon seit Jahren vorbei. Seither ist es um das Drechsler eher ruhig geworden.

Nun bewegt das Aus sogar Stadtpolit­iker zu Abgesängen auf einen „magischen Ort“(Markus Ornig, Neos) – und Kritik (ÖVP und Neos), Wiens Bürokratie ruiniere Betriebe.

Die Behörden hätten es ihm zwar nicht leicht gemacht, so Manfred Stallmajer, der das Drechsler 2007 neu eröffnet hat. Am Aus dürften diese Probleme aber nicht schuld sein. Über die Jahre gab es Strafverfa­hren (und öffentlich­e Kontrovers­en) wegen diverser Auflagen und Verstöße. Seit 2013 hatte das Drechsler nun „normale“Öffnungsze­iten, zuvor wurde um zwei zuund um drei Uhr nachts wieder aufgesperr­t. Nach Behördenpr­oblemen wegen der Raucher-/Nichtrauch­ertrennung (der Weg zur Toilette hätte durch den Raucherber­eich geführt) war damit Schluss. Ein Nachtbetri­eb als Nichtrauch­ercafe´ zahle sich nicht aus, solange es kein generelles Rauchverbo­t gibt. Starke Konkurrenz. Später gab es wieder einen Raucherber­eich, das Verbot habe zu viel Umsatz gekostet. Die reduzierte­n Öffnungsze­iten blieben. Zu Kontrovers­en kam es auch wegen eines Schanigart­ens, den Stallmajer wollte, schließlic­h zog die übermächti­ge Kon- Der Drechsler-Chef hat genug. kurrenz der Naschmarkt-Lokale im Sommer so viele Gäste ab, dass der Betrieb schwierig war – so sehr, dass einen Sommer ganz geschlosse­n wurde.

Wirtschaft­liche Probleme habe es trotzdem nicht gegeben, auch der größere Garten wurde dann doch noch genehmigt. Sein ursprüngli­ches Konzept, an sechs Tagen die Woche 24 Stunden lang offen zu haben, konnte Stallmajer trotzdem nie umsetzen. Elf Jahre Drechsler seien nun genug. Stallmajer will sich auf sein Innenstadt-Boutiqueho­tel The Guesthouse Vienna konzentrie­ren. Große Abgesänge, eine Art öffentlich­es Begräbnis des Drechsler, will er nicht. „Wir haben uns die Entscheidu­ng nicht leicht gemacht“, sagt er. Am 25. März ist Schluss. Bis der Nächste kommt. Wobei, Schluss, das ja auch nur, bis der Nächste kommt: Denn schon Mitte Mai will der Berliner Gastronom und Koch Niko Kölbl (in Wien kennt man ihn für die „Weinschenk­en“) mit Geschäftsp­artner Benjamin Weidinger das Drechsler (wieder) neu eröffnen. rierten Nichtrauch­er-Bars oder Clubs der Kellner selbst spätnachts Feuer an?

Klagen oder Klagsdrohu­ngen nach solchen Verstößen haben in einigen Fällen Rauchfreih­eit erreicht. Das Innenstadt­cafe´ Korb etwa. 110 Jahre lang wurde dort geraucht, bis 2015, bis zu einer einstweili­gen Verfügung durch das Handelsger­icht, nach Anzeige des Vereins. Die Betreiber wollten weder 32.000 Euro Strafe zahlen noch eine Trennwand um 10.000 Euro aufstellen (im Glauben, die könne man nach drei Jahren ohnehin wieder einreißen).

Ebenso das Lutz auf der Mariahilfe­r Straße, dort wurde 2016 nach Kontakten mit dem Verein Rauchen im Club-Bereich verboten. Betreiber Jürgen Lutz berichtet auf der Website, der Verein habe damals Lokale mit existenzge­fährdenden Klagsdrohu­ngen überschwem­mt. Inklusive der Forderung, 900 Euro an den Anwalt des Vereins zu zahlen, die Verpflicht­ungserklär­ung zu unterzeich­nen, jederzeit auf Wunsch des Vereins einen Unterlassu­ngsverglei­ch zu unterzeich­nen und

Wer fällt mit Verstößen auf? »Dorfwirtsh­äuser, Discos, In-Lokale, Migrantenl­okale.«

anfallende Kosten (in unbekannte­r Höhe) zu tragen. Nach langwierig­en Verfahren wurde das Rauchen in dem Bereich untersagt, nun will man nicht mehr über das leidige Thema reden.

Auch das Pub Golden Harp, ein Landgastha­us in Waidhofen an der Thaya, und ein paar mehr sind nach Klagen oder Klagsdrohu­ngen des Vereins rauchfrei – etliche weitere wurden geklagt, Dutzende abgemahnt. Das muss nicht in einer Feindschaf­t enden: Das Dots etwa unterstütz­e nun den Verein.

Wer verstößt gegen die Spielregel­n? Tappler hat klassische Lokaltypen ausgemacht: „Am ehesten Dorfwirtsh­äuser, Discos, Szenelokal­e oder Migrantenl­okale.“Quer durch die Gastronomi­e – viele hat sich der Verein zum Feind gemacht. Man spricht über diesen als Klagsverei­n, der die mühsam

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