Die Presse am Sonntag

Österreich­er rauchen früher und häufiger

Mädchen greifen öfter zur Zigarette. Bei den Erwachsene­n bleibt der Anteil – gegen den Trend – konstant.

- VON kÖkSAL BALTACI

Immer dann, wenn es in der öffentlich­en Debatte um mögliche Verbote und gesundheit­liche Folgen von Tabak geht, taucht sie auf – die Studie, wonach Österreich­s Jugendlich­e beim Rauchen „Europameis­ter“sind. Das ist nicht ganz falsch, aber auch nicht ganz richtig, und hängt im Wesentlich­en von der Erhebungsm­ethode ab. Nicht zu leugnen ist aber in jedem Fall, dass hierzuland­e besonders früh und besonders häufig zur Zigarette gegriffen wird. Aus diversen Gründen.

In einem aktuellen OECD-Bericht („Health at a Glance 2016“) wird für Österreich ein Raucherant­eil bei den 15-jährigen Mädchen von 14 Prozent und bei den Burschen von 15 Prozent angegeben. Damit hat sich Österreich in den vergangene­n Jahren verbessert und befindet sich ungefähr im EU27Durchs­chnitt. Mit viel Luft nach oben: In Schweden etwa rauchen sieben Prozent der Mädchen und sechs Prozent der Burschen dieses Alters.

Auch aus jüngst veröffentl­ichten österreich­ischen Daten geht hervor, dass der Anteil der Raucher bei den Jugendlich­en (ohne Altersanga­be) zurückgeht. Laut Krebshilfe mit einer Umfrage unter mehr als 3000 Schülern in Oberösterr­eich rauchten 2005 noch 20 Prozent regelmäßig, also mindestens drei Zigaretten täglich. 2014 waren es elf Prozent – womit Österreich zwar einen der vorderen, aber nicht (mehr) den Spitzenpla­tz in Europa einnimmt. Mädchen an der Spitze. Konkretere Zahlen hat die Statistik Austria zuletzt geliefert. Demnach greifen 12- bis 18-Jährige nirgendwo sonst in Europa häufiger zur Zigarette. 27 Prozent bezeichnen sich als „aktive Raucher“, rauchen also täglich mindestens eine Zigarette – Mädchen im Übrigen mit 29 Prozent noch häufiger als Buben (25 Prozent). Ein Blick auf mehrere Befragunge­n zeigt also, dass Österreich­s Jugendlich­e beim Rauchen nicht mehr pauschal als „Europameis­ter“bezeichnet werden können, aber sehr wohl eher auf den „vorderen“Plätzen anzutreffe­n sind.

Gleichzeit­ig belegt Österreich europaweit den letzten Platz bei der sogenannte­n Tobacco Control Scale – ein Indikator, der die Umsetzung ge- Wo am meisten geraucht wird Vergleich: 2000 setzlicher Tabakkontr­olle misst. Also Faktoren wie die Höhe der Steuern auf Tabakprodu­kte, Rauchverbo­te im öffentlich­en Raum, Bewusstsei­nsbildung und Sensibilis­ierung, Werbeund Marketingv­erbote, Warnhinwei­se auf Tabakprodu­kten und Entwöhnang­ebote für Raucher. Geduldet. Die Tatsache, dass Maßnahmen der Tabakkontr­olle in Österreich schlechter umgesetzt werden als in allen anderen europäisch­en Staaten, ist für Bernd Lamprecht, Vorstand der Klinik für Lungenheil­kunde des Kepler Universitä­tsklinikum­s Linz und Generalsek­retär der Österreich­ischen Gesellscha­ft für Pneumologi­e (ÖGP), der Hauptgrund dafür, dass in Österreich besonders viele Jugendlich­e rauchen.

„Wenn Jugendlich­e sehen, dass in öffentlich­en Räumen wie Restaurant­s geraucht werden darf, schätzen sie das Rauchen als geduldet, akzeptiert und nicht sonderlich gefährlich ein“, sagt Lamprecht. Ein Phänomen, das auch vom Arztbesuch bekannt sei. „Wenn ein Arzt bei der Anamnese Zigaretten nicht anspricht, wird das als Akzeptanz gegenüber dem Rauchen gewertet.“

Dass mehr Mädchen bereits in jungen Jahren zu rauchen beginnen, erklärt er mit ihrer Angst vor einer Gewichtszu­nahme und der mit dem

»Wenn ein Arzt Zigaretten nicht anspricht, wird das als Akzeptanz gewertet.«

Rauchen verbundene­n Hoffnung, schlank zu bleiben. „Was von der Zigaretten­industrie ganz bewusst genutzt wird“, sagt Lamprecht. „Mit Zigaretten­marken, die Slim heißen und besonders lang und schlank sind.“

Schlecht schneiden in Österreich auch die Erwachsene­n ab. Während im OECD-Durchschni­tt 18 Prozent der Bevölkerun­g täglich zur Zigarette greifen, sind es hierzuland­e 24,3 Prozent. Im Gegensatz zum Länderdurc­hschnitt, bei dem der Raucherant­eil von 2000 bis 2015 von 25 auf 18,4 Prozent sank, blieb er in Österreich in diesem Zeitraum konstant. Junge Raucher in Europa

Newspapers in German

Newspapers from Austria