»Verlangen ist was Elementares«
Film. In Luca Guadagninos Oscar-nominiertem Film »Call Me by Your Name« spielt Armie Hammer den Traummann eines verzauberten Sommers. Mit der »Presse am Sonntag« sprach er über die Liebe, über die perfekte Kombination – und über Italien.
Fast zu schön, um wahr zu sein: Armie Hammer sieht aus wie der klassische Muskelheld aus einem Blockbuster. Doch den 31-Jährigen, der nach seinem Großvater Armand Hammer benannt ist, zieht es eher zum Qualitätskino. Im Oscarnominierten Film „Call Me by Your Name“spielt er einen Kunstgeschichtestudenten, der einen Sommer über mit seinem Professor in Italien forscht – und dabei dessen halbwüchsigem Sohn den Kopf verdreht. In diesem Film geht es um die erste richtige, große Liebe. Glauben Sie, dass es die nur einmal im Leben gibt? Armie Hammer: Nein, das glaube ich nicht, dieses Gefühl ist nicht aufs erste Mal beschränkt. Die Erfahrung einer großen Liebe kann dich auch noch im hohen Alter übermannen, und dann zum zehnten Mal oder zum ersten Mal. Aber das erste Mal hat schon einen ganz besonderen Zauber. Ja, natürlich. Man fühlt zum ersten Mal dieses unbändige Verlangen, diese Zuneigung, denkt rund um die Uhr an nichts anderes, und gibt ein bisschen von sich selbst an den anderen weiter. Und wenn es zu Ende geht, dann lässt man ein Stück von sich zurück. Das ist es auch, was man in diesem Film so schön sieht, und was ihn für alle so greifbar und nachfühlbar macht. Glauben Sie auch an diese Form des Schicksals? Dass zwei Menschen so wie die beiden im Film füreinander bestimmt scheinen? Bestimmt. Wenn zwei Menschen dieselben Wünsche und Begierden haben, dann kann das wirkliche eine perfekte Kombination sein. Der Film spielt in den 1980er-Jahren, als es für zwei Männer in Italien noch nicht wirklich möglich war, ihre Liebe offen auszuleben. Glauben Sie, dass wahre Liebe alle Hürden überwinden kann? Ich weiß nicht. Ich hoffe, dass das so ist. Regisseur Luca Guadagnino sagt, dass „Call Me by Your Name“vordringlich ein Film über das Verlangen ist. Verlangen ist eine ganz elementare menschliche Regung. Die war schon immer präsent, in unserer gesamten Evolution. Egal ob man einen anderen Menschen begehrt, ein Essen, oder das, was der neben einem gerade in der Hand hat. Es ist ein sehr wichtiger und kraftvoller Antrieb unseres Lebens. Dieser Film stellt die Frage, ob
Armie Hammer
wurde als Armand Douglas Hammer 1986 in Los Angeles geboren.
Ab dem Jahr 2005
übernahm er kleinere Rollen in TV-Serien. Er spielte später u. a. in „The Social Network“.
Sein aktueller Film
„Call Me by Your Name“ist als bester Film für den Oscar nominiert.
Armie Hammer
ist mit der Journalistin Elizabeth Chambers verheiratet, mit der er zwei Kinder hat. man diesen Antrieb verleugnen kann oder ob das eine so treibende Kraft ist, dass man einfach nur klein beigeben kann, sich dem Verlangen unterwerfen. Und das ist es, was man hier sieht: Zwei Menschen, die waghalsig genug sind, das zu tun. Und die Schönheit und die Liebe und die Erfahrung, die sich dann entfalten, sind ein direktes Ergebnis davon. Ist dieser Film auch eine politische Stellungnahme? Weil es hier so maßgeblich um das Recht geht, anders zu sein und seinen eigenen Wünschen zu folgen? Natürlich. Das ist ja eines der kraftvollsten Statements, die Kunst generell setzen kann, sie transzendiert und reagiert direkt auf das, was um einen herum passiert. Das Setting in Italien und die Umgebung spielen eine sehr große Rolle. Welchen Effekt hatte das auf Sie als Schauspieler? Es war, wie wenn wir in einer wunderschönen magischen Welt gefangen wären. Wir radeln über diese herrlichen italienischen Landstraßen und durch diese unglaublichen Städtchen wie Moscazzano und Montodine – herrlich. Sie haben vollkommen Recht, diese Landschaften selbst sind ein so integraler Bestandteil der Story, des Feelings und des Tons des Films, dass sie fast wie eine eigene Figur des Filmes wirken. Und haben Sie das direkt gefühlt? Absolut! Das hat alles beeinflusst. Egal ob es die Temperatur war, die Hitze, wie man da dann geht, wie man sich dann fühlt, man schwitzt, einfach alles. Wir waren einfach intuitiv ein Teil dieser ganzen Welt, nicht nur in unserer ganz eigenen Schauspieler-Fantasie, sondern ganz real. In einer der stärksten Szenen des Films gibt der Vater seinem Sohn den besten Rat, den man einem Jugendlichen geben kann. Welchen Rat haben Sie vielleicht von Ihrem Vater erhalten, den Sie auch an Ihre Kinder weitergeben würden? Was immer du tust, arbeite hart, gib dein Bestes, aber stelle vor allem sicher, dass du dein Leben genießt. Denn unterm Strich – was bleibt dir denn sonst?