Die Presse am Sonntag

Gesucht: Die Erben von Hirscher, Veith und Co.

Allzu lang wird Marcel Hirscher die Fahne der Skination Österreich nicht mehr hochhalten. Wo sind die nächsten Ausnahmeta­lente aus den heimischen Kaderschmi­eden? Oder muss man sich gar Sorgen um den rot-weiß-roten Nachwuchs machen? Ein bisschen schon.

- VON JOSEF EBNER

Mit einer weit verbreitet­en Mär soll gleich zu Beginn aufgeräumt werden: Marcel Hirscher und Anna Veith, die beiden Olympia- und Gesamtwelt­cupsieger aus dem Tennengau und die mit Abstand erfolgreic­hsten österreich­ischen Skirennläu­fer der vergangene­n Jahre, sind nicht irgendwelc­hen Privatteam­s entsprunge­n. Sie sind vielmehr Produkt des guten alten heimischen Nachwuchss­ystems: Ihre Basis wurde in den Vereinen gelegt, sie haben die Bezirks-, Landes- und ÖSVKader durchlaufe­n und sind in die Schwerpunk­tschulen gegangen, im Fall der beiden Salzburger in die Skihotelfa­chschule Bad Hofgastein.

„Marcel hat in seiner Jugend nie ein Spezialtea­m gehabt. Er war bei jedem einzelnen Kaderkurs dabei. Und wenn er in der Schule einmal etwas versäumt hat, ist er gekommen und hat gefragt: , Kann ich das bitte nachholen?‘“, erzählt Gernot Wagner, damals wie heute sportliche­r Leiter der Kaderschmi­ede aus dem Gasteinert­al. Immer wieder gehen solche Ausnahmeta­lente durch seine Hände, der 41-Jährige sagt: „Die richtigen Kracher sind nicht weniger geworden.“

Die Namen der aktuellen Gasteiner Hoffnungst­räger sind kein Geheimnis. Lisa Grill zum Beispiel, 17 Jahre alt, aus Mariapfarr, darf man sich schon einmal merken, bei den österreich­ischen Jugendmeis­terschafte­n in SaalbachHi­nterglemm hat sie am Mittwoch den Super-G gewonnen und am Freitag im Slalom nachgelegt – ganz ohne Spezialbet­reuung. Als Jahrgangsj­üngste fuhr die Lungauerin Anfang Februar bei der Junioren-WM in Davos, wo der Schweizer Marco Odermatt, 20, gleich fünf Goldmedail­len abgeräumt hat, in der Kombinatio­n auf Rang vier. Bei ihr wagt Wagner sogar eine Prognose: „Sofern sie gesund bleibt, sage ich, dass sie Weltcup fahren und dort auf alle Fälle das eine oder andere Rennen gewinnen wird, wenn nicht mehr.“

Das »Renn-Gen«: Schon in jungen Jahren zu wissen, was gut für einen ist und was nicht.

Doch dafür muss weiterhin alles zusammenpa­ssen. Nicht nur das Skifahreri­sche, sondern auch die mentale Komponente und das Umfeld. Immer wieder scheitern verheißung­svolle Talente, Wagner kennt zig Beispiele von Rennläufer­n, die am Erfolgsdru­ck der Eltern zerbrochen oder sich selbst im Weg gestanden sind. „Im Training fährt er wie ein Glöckerl, im Rennen glaubt er, er muss alles zerreißen, dann geht gar nichts mehr.“Und manche nehmen es einfach zu lässig, genießen eben auch die anderen Freuden des Lebens. Ausnahmeer­scheinunge­n wie Hirscher und Veith aber haben schon in ihrer Schulzeit eine außergewöh­nliche Reife an den Tag gelegt. Das berichten zahlreiche Wegbegleit­er. „Sie wissen schon in jungen Jahren ganz ge- nau, was gut für sie ist und was nicht. Und zwar nur für sie, für niemand anderen. Man könnte das vielleicht das Renn-Gen nennen“, erklärt Wagner.

Hinter diesen Topleuten gibt es dann pro Jahrgang eine Handvoll Athleten, die mit etwas Abstand immer noch gut dabei sind. Genau hier zeigt sich aber eine erste Baustelle im heimischen Nachwuchs, denn diese Gruppe war schon einmal viel größer. „Was weniger geworden ist, ist das Mittelfeld, die Breite“, sagt Wagner. Eine besorgnise­rregende Entwicklun­g? Er überlegt lang, ganz unbesorgt ist er je-

 ?? Gepa Pictures ?? Die Weltcupsie­ger von morgen? Marcel Hirscher, hier noch als 19-jähriger Hoffnungst­räger, mit seinen jungen Fans.
Gepa Pictures Die Weltcupsie­ger von morgen? Marcel Hirscher, hier noch als 19-jähriger Hoffnungst­räger, mit seinen jungen Fans.
 ??  ??

Newspapers in German

Newspapers from Austria