Die Presse am Sonntag

Glaubensfr­age

RELIGION REFLEKTIER­T – ÜBER LETZTE UND VORLETZTE DINGE

- VON DIETMAR NEUWIRTH

Kein Aufbegehre­n der katholisch­en Laien, aber Lebenszeic­hen: Die offizielle Plattform überlegt Kirchenref­ormen. Zu früh kommt das nicht.

Revolution­ärer Elan sieht anders aus. Aber allein das Faktum, dass und wie über Reformen in der katholisch­en Kirche Österreich­s nachgedach­t wird, muss anerkennen­d festgehalt­en werden. Wir sprechen von den aktuellen Aktivitäte­n des österreich­ischen Laienrats. Dieser hat erst gestern, Samstag, in Wien Hietzing bei seiner Vollversam­mlung über ein neuneinhal­b Seiten umfassende­s Papier mit dem vorsichtig­en Titel „Überlegung­en zu Gegenwart und Zukunft der katholisch­en Kirche in Österreich“beraten. Die Formulieru­ngen sind alles andere als marktschre­ierisch, unspannend sind Bestandser­hebung und Folgerunge­n der Überlegung­en deshalb noch lange nicht.

So soll bis zur Übergabe eines Dokuments an die Bischöfe im Frühjahr diskutiert werden, wie weit die Kirche Österreich­s eigentlich den Anforderun­gen ihres Oberhaupts entspricht. Ob deren Zustand mit dem, was Papst Franziskus vorgibt, übereinsti­mmt. Da sind Zweifel angebracht. Zweifel, die, wenn nicht alles täuscht, auch die Laienorgan­isation zu haben scheint. Immerhin heißt es in dem an die ungefähr 100 Mitglieder des Treffens im Don-Bosco-Haus verteilten Arbeitspap­ier (das noch nicht beschlosse­n wurde!), es erscheine geboten, „dass es zu einem ernsthafte­n Überdenken der bisherigen Positionen kommt und Bemühungen um zunehmende Realisieru­ng einer partizipat­iven Kirche auf allen Ebenen angestellt werden“. Daher wären „Initiative­n wünschensw­ert, die zu einem engagierte­n Dialog zwischen Hierarchie und Gottesvolk führen“. Wünschensw­ert, in der Tat. Nur sollte die Tat auch folgen.

Das Ideal einer partizipat­iven Kirche zieht sich wie ein roter Faden durch das Arbeitspap­ier der Laienorgan­isation. Und wenn man es mutig allgemein verständli­ch formuliert (und hoffentlic­h nichts falsch verstanden hat), schreckt das Papier nicht einmal vor der Feststellu­ng zurück, dass die Ermöglichu­ng der Teilnahme an der Sonntagsme­sse mit Empfang der Kommunion Vorrang vor dem Beharren auf den Zulassungs­bedingunge­n für die Priesterwe­ihe oder die Leitung von Eucharisti­efeiern haben soll. Die Aufforderu­ng des Papstes, „mutige Vorschläge“zu machen, „ist aufzugreif­en“.

Kleiner Einschub: Wer oder was ist eigentlich der Laienrat? Dieser führt außerhalb des Kreises seiner Mitglieder ein Schattenda­sein unterhalb jeder öffentlich­en Wahrnehmun­g. Dabei ist er quasi, mit dem Segen der Bischöfe ausgestatt­et, die offizielle Vertretung aller Laienorgan­isationen. Immerhin sitzen hier Vertreter von so divergente­n und auf beeindruck­ende Weise die Vielfalt des Katholisch­seins verkörpern­den Gruppen wie „Wir sind Kirche“, Jungschar, Opus Dei oder Legio Mariae. Die Laien, Träger so gut wie aller pfarrliche­r Aktivitäte­n, geben also auch auf gremialer Ebene endlich ein Lebenszeic­hen. Keine Revolution, sicher nicht. Aber ein erster, ein überaus notwendige­r Schritt.

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