Die »Chefs« im TV: Hinterm He
Das Küchenfernsehen landet im Hauptabend. In neuen Shows auf ORF und Puls 4 geht es weniger ums gesittete Schaukochen, mehr um den Wettkampf. Herdprofis wie Konstantin Filippou, Johanna Maier, Alexander Kumptner und Andreas Wojta reden über das Showbusine
Es war nie richtig weg und erlebt jetzt doch eine kleine Renaissance: das Küchenfernsehen. In Österreich hat es die vergangenen zwei Jahrzehnte sehr beständig, aber nicht weiter auffällig im Nachmittags- („Frisch gekocht“) oder Nachtprogramm („Silent cooking“) existiert. Das ändert sich jetzt, denn in diesem Frühling drängen die Küchenshows in den Hauptabend: Ab 6. April lässt etwa der ORF in „Meine Mama kocht besser als deine!“jeden Freitag kochroutinierte Mütter und Väter mit ihren wenig bis gar nicht kulinarikerfahrenen Töchtern und Söhnen an den Herd. Konkret beraten die Eltern ihr Kind, das gegen ein anderes Tochter-Mutter-/Vater-Sohn-Team antreten muss. Schauspielerin Katharina Straßer moderiert, Spitzenkoch Konstantin Filippou ist Juror ( siehe rechts).
Der Gastronom führt seit fünf Jahren ein eigenes Restaurant in der Wiener Dominikanerbastei, vor drei Jahren hat er daneben auch ein Bistro eröffnet. Trotzdem nimmt er sich Zeit für Fernsehauftritte, von „Frisch gekocht“auf ORF bis „Kitchen Impossible“mit Tim Mälzer auf Vox. Es sei in erster Linie „die Neugier“, die ihn dazu treibt, sagt er. Aber auch der etwas naive Wunsch, seinen Beruf in ein besseres Licht zu rücken. Dass mediale Präsenz auch gut für das Restaurantgeschäft ist, leugnet er nicht. Wobei für ihn die Chancen 50:50 stehen, dass die Zuseher einen mögen oder eben nicht mehr sehen wollen.
Dabei lässt sich Österreich nicht mit dem deutschen TV-Markt vergleichen, wo eine Kochshow im Hauptabend locker 1,5 Millionen Zuseher hat. Trotzdem will Filippou nicht mit Küchenstars wie Mälzer tauschen. Der soll schon mal gesagt haben, wenn er sich aussuchen müsste, ob er eine eigene TV-Show oder ein Restaurant haben könne, würde er immer die Show nehmen. Filippou nicht. Bei ihm hat das Restaurant immer Vorrang. So ganz weiß er noch nicht, worauf er sich bei „Meine Mama kocht besser . . .!“eingelassen hat, aber einmal selbst der Kritiker sein, darauf freut er sich. Neue Duelle. Als Juror fungierte auch der Wiener Alexander Kumptner schon – etwa in der „Küchenschlacht“auf ZDF. Einst vom ORF für „Schmatzo“für das Kinderfernsehen entdeckt (wo er immer noch zu sehen ist), war er in den vergangenen drei Jahren auf dem deutschen Markt so erfolgreich, dass er im Sommer dafür sogar sein Engagement in der Albertina Passage aufgab. Jetzt holt ihn Puls 4 zurück nach Österreich, um ihn als – parteiischen – Profi in neue Duelle der „Kochgiganten“im Hauptabend zu schicken.
Kumptner kommt gerade von einem Dreh und gesteht, er sei „ziemlich erledigt“: Die Show wird als „härteste Koch-Challenge“vermarktet, die es in Österreich bisher gegeben habe, „aber auch mit einem Augenzwinkern“. Gegnerischer Coach ist Didi Maier, Sohn von Johanna Maier, die beiden, sagt Kumptner, würden sich „extrem gut verstehen – und auf Deutsch gesagt: Wir verarschen uns die ganze Zeit“.
Zwei Teams aus je fünf Hobbyköchen treten bei den „Kochgiganten“zu verschiedenen kulinarischen Themen gegeneinander an und werden jeweils von einem Profi gecoacht. Zeit haben sie dafür in etwa eine Stunde, nicht alle kommen weiter, „aber die, die nicht weiter kommen, können dann noch einmal ums Weiterkommen kochen“.
Eine, die viel Erfahrung mit Fernsehstudios hat, ist Didi Maiers Mutter Johanna, selbst Chefin einer Kochschule. Erst im November war sie Jurorin bei der „Küchenschlacht“. Ihr gefällt vor allem, „wie viel Interesse die Menschen am Kochen haben, wie viel Können da ist, auch beim Geschmack und bei einzelnen Techniken“. Sie beobachtet, dass das Können der Hobbyköche in den vergangenen sieben Jahren enorm gestiegen ist, dazu hätten auch die Kochshows beigetragen. Starke Niveauunterschiede. Das Angebot an Koch-Shows ist unübersichtlich geworden und schwankt stark im Niveau. Das bloße Schön- oder Vorkochen ist passe´ oder wurde verdrängt von Wettbewerb-Shows wie „The Taste“oder „Die Kochgiganten“. Da treten meist Hobbyköche untereinander an, oder sogar gegen Profis, wie demnächst im „Knife Fight Club“auf Sat.1, bei dem mit dem Steirer Richard Rauch auch ein Österreicher dabei ist.
Die ersten Kochsendungen entstanden in den frühen 1920er-Jahren in den USA, zuerst im Radio, dann im Fernsehen. Die größten Erfolge feiern Cooking-Shows immer noch in England. Im Oktober 2016 sahen 14 Millionen das Finale der BBC-Sendung „The Great British Bake Off“. Noch relativ neu sind Hochglanz-Dokureihen wie „Chef’s Table“und „Cooked“vom Streaminganbieter Netflix, in denen die internationale Gastro-Elite porträtiert wird. Auch der Bezahlsender Sky setzt mit „Master Chef“seit 2016 auf eine aufwendig produzierte Küchenshow. Weniger Qualität, mehr Unterhaltung bieten Shows wie „Das perfekte Promidinner“(Vox). Der gebürtige Südtiroler Koch Roland Trettl moderiert seit 5. März die tägliche Show „The First Date – Ein Tisch für Zwei“, bei der sich Singles in einem Studio-Restaurant begegnen (Mo–Fr, 18 Uhr, Vox).
Auch im ORF tüftelt man an neuen Kochshows – oder gibt alten einen neuen Anstrich. Ab 3. April wird aus der Nachmittagsreihe „Aufgetischt“das neue „Schmeckt perfekt“, bei dem in jeder Folge zwei Gerichte von acht wechselnden Köchen gekocht werden. Versammelt wird hier ein Querschnitt Österreichs bester Köche, von Heinz Reitbauer, Lisl Wagner-Bacher und Andreas Döllerer bis Paul Ivic,´ Milena
Puls 4 schickt Alexander Kumptner in Duelle der neuen »Kochgiganten«.
1. „Chef’s Table“, Netflix: Der Klassiker unter den Hochglanz-TV-Produktionen läuft seit 2015 in drei Staffeln. Macht süchtig ab der ersten Folge mit Massimo Bottura aus Italien. Ähnlich: „Cooked“und ganz neu „Ugly Delicious“mit dem US-Koch David Chang (mit u. a. dem Austro-Amerikaner Wolfgang Puck). 2. „Kitchen Impossible“, Vox: Tim Mälzer reist durch die Welt und fordert Spitzenköche heraus, wie zuletzt den Österreicher Konstantin Filippou. Aufgabe ist, lokale Gerichte vor Ort (von Profis oder Laien) möglichst authentisch nachzukochen. 3. „Knife Fight Club“, Vox: Eine neue Show mit Tim Mälzer & Tim Raue startet am 22. März (22.20 Uhr). Ein Profi tritt Broger und Richard Rauch. Produziert wird die Reihe, so wie fast alle ORFKochshows, von Niki Klingohr und seiner Firma Interspot. Die KonkurrenzShow von Puls 4 verantwortet seine Frau, Sandra Klingohr, mit ihrem eigenen Unternehmen.
Ab 3. April wird aus der Reihe »Aufgetischt am Mittag« das neue »Schmeckt perfekt«.
Andreas Wojta und Alexander Fankhauser waren kaum bekannt, als sie 2003 das erste Mal in „Frisch gekocht“aufgetreten sind. Ab 2008 waren sie sieben Jahre lang täglich mit ihrer eigenen Show „Andy und Alex“zu sehen, die „Willkommen Österreich“-Persiflage auf die beiden gut gelaunten, etwas betulichen Köche ließ nicht lange auf sich warten. Andreas Wojta hat sein Restaurant, das Minoritenstüberl in Wien, daneben stets weiter betrieben. „Fernsehen muss das Nebenprodukt bleiben. Du darfst dein Geschäft nicht vernachlässigen.“Er habe den Schritt vor die Kamera nie bereut und sagt ehrlich: „Natürlich bringt es etwas.“Das funktioniere aber nur, „wenn du authentisch bleibst, dich nicht verstellst und nicht größenwahnsinnig wirst.“Und die beiden zieht es wieder ins Fernsehen. Derzeit arbeiten sie mit der Interspot an einer neuen Livesendung für den Sonntag – die Küchenshow-Renaissance wird noch eine Weile anhalten. gegen einen Anfänger an. Mit drei Zutaten müssen in 60 Minuten drei Gerichte gekocht werden. In Runde eins ist der steirische Sternekoch Richard Rauch dabei. Ähnlich: „The Taste“, Sat 1. 4. „Schmeckt perfekt“statt „Aufgetischt zu Mittag“, ORF 2: Ab 3. April wird die tägliche NachmittagsKochsendung „Schmeckt perfekt“(14 Uhr) heißen, mit u. a. Heinz Reitbauer, Lisl Wagner-Bacher. Ab 6. April läuft freitags auf ORF eins „Meine Mama kocht besser als deine“mit Katharina Straßer. 5. „Kochgiganten“, Puls 4: Alexander Kumptner und Didi Maier coachen ab 24. April sechs Folgen lang im Hauptabend jeder ein Team von Hobbyköchen.