»Strom ist ein dummes Produkt, man wird es herschenken«
Es klingt wie das Projekt von Fantasten, doch hinter der Idee eines E-Autos aus lokaler, österreichischer Produktion samt Nutzungskonzept mit verschenktem Strom steht ein kühl rechnender Unternehmensberater, der die Welt verändern will. »Das Auto«, sagt R
Wie viel das fahrfähige Einzelstück, ein weißes, kugeliges Auto mit originellem Interieur, gekostet hat, will Roland Haslauer nicht sagen. Nur so viel: „20 Prozent einer regulären Fahrzeugentwicklung.“
Das wäre immer noch eine Menge Geld, was erklärt, warum Haslauer wachsam wie ein Mäusebussard um das Vehikel kreist, gleichzeitig freundlich genug, Interessierten Auskunft zu erteilen und Zugang ins Innere zu gewähren. Nicht, dass das Publikum beim Stand einer Gründermesse in Wien-Erdberg erst lang fragen würde.
Mit dem Stress kann Haslauer umgehen, die Nagelprobe hätte man unlängst bestanden, beim ersten öffentlichen Auftritt: „Die lange Nacht der Forschung mit über 1200 Besuchern – davon 500 Kinder.“Was soll einen da noch aus der Ruhe bringen?
Auch sonst ist der jugendlich wirkende 63-Jährige kaum aus der Reserve zu locken. Das erwartet man wohl von einem gestandenen Unternehmensberater: auf alles eine Antwort haben. Dummer Strom. Doch worüber wir reden, ist mehr als ein verzwicktes Großprojekt von jener Sorte, an der sich der Branchenveteran über Jahrzehnte rhetorisch gestählt hat. Was Haslauer druckreif referiert, trägt den Keim des Revolutionären in sich, und wenn auch nur ein Teil der Saat aufgeht, so wollen wir uns das einmal vorstellen, könnten tatsächlich Umwälzungen die Folge sein: bei der Art, wie ein Auto gebaut wird und wie wir Dinge konsumieren.
Fangen wir mit dem Schauplatz an, an dem die Dinge ins Rollen kommen sollen: Haslauers Heimat Salzburg.
„Sie haben hier drei Designstudios von Weltrang und im Umkreis von einer Fahrstunde alle Betriebe, die Sie brauchen, um ein Auto zu bauen“, sagt Haslauer, „doch alle sind Zulieferer.“
Eine Kraft, die es zu bündeln gelte, doch ein Fahrzeug allein sei noch zu wenig: „Es braucht ein Ladenetzwerk und ein Nutzungskonzept.“Ein solches Netzwerk sei im Aufbau begriffen, es Wer Platz nimmt, lächelt: „Biogenes“Interieur mit Holz, Hirschleder und Loden. soll 600 Kilometer weit reichen und aus Leitbetrieben bestehen, die den Strom gratis abgeben. 34 Leitpartner, die an der „Solarroute“liegen, wie Haslauer es nennt, seien bereits an Bord, darunter die Stiegl-Brauerei und das Salzburger Pressehaus. Aber wie war das mit gratis?
„Strom“, erläutert Haslauer, „ist ein dummes Produkt. Eine Commodity, die man früher oder später herschenken wird.“Zumal der Strom für die Ladesäulen zu 85 Prozent aus Solarenergie gewonnen werden könne. „Derzeit beträgt die Solarfläche in der Region 10.000 Quadratmeter“, was für 1000 Autos reiche. Faustregel: „Ein ZehnQuadratmeter-Solarmodul für ein Auto.“Selbst für alle 308.000 Pkw des Bundeslandes Salzburg, würden sie elektrisch betrieben, würde es auch nur drei Viertel der Fläche des Zeller Sees brauchen. Lächerlich!“
Das Speichern der Energie, nachdem die Sonne nicht 24 Stunden und manchmal auch gar nicht scheint, fände einerseits in den Fahrzeugen statt, andererseits in den „kleinen, dezentralen Einheiten des Netzwerks“. Ein Konzept, das als Smart Grid bekannt ist.
Das Nutzungskonzept wiederum sehe keinen Besitz vor, sondern Mobility Streaming, so Haslauer: „Pay as you drive, so, wie wir heute Musik hören. Wir sollten unsere Kaufkraft für Familie, Freizeit und Urlaub verwenden, nicht für ein Stehzeug.“
Die Frage sei, ob wir weiterhin die Dinge „zu zehn bis maximal 20 Prozent nutzen wollen, obwohl wir doch 100 Prozent zahlen“. Der „Labortest“im eigenen Unternehmen mit 30 Mitarbeitern verlaufe positiv.
Im Gegensatz zum Carsharing, bei dem man zum Fahrzeug kommen müsse, würde einem dieses beim „Streaming“vor die Tür gestellt. „Wir wollen dafür Menschen beschäftigen. Sie bleiben nach der Zustellung mit einem Scooter, der sich im Laderaum verstauen lässt, mobil.“
Hat das Beraterbusiness der Zahlen und Strategien nur vernebelt, dass Haslauer doch ein Träumer ist, der da- von spricht, dass wir unsere Kaufkraft nicht länger „nach Deutschland, China und in die USA“exportieren dürften, dass wir „an uns und nicht an die Konzerne denken“müssten?
Haslauer: „Als ich vor zwei Jahren mit Fahrzeug und Solarroute begonnen habe, hielt man mich für verrückt. Inzwischen sind es 100 Firmen, die mitziehen.“
Hat das Beraterbusiness nur vernebelt, dass er in Wahrheit ein Träumer ist? Das Auto besteht aus nur 1200 Einzelteilen. Weniger gehe nicht, sagt Magna.
Prinzip „Weglassen“. Sehen wir uns das Auto an, Enjoy getauft. Das Showcar ist 690 kg schwer, hat einen Elektroantrieb mit 40 kW Dauerleistung, und sei bis 130 km/h schnell, wobei es unlängst mit Tempo 140 lief.
Die Ausführung des Einzelstücks ist beeindruckend und könnte sich mit den Beiträgen großer Hersteller auf Fachausstellungen messen. 28 „hoch spezialisierte Fachfirmen“sind an der Konstruktion beteiligt.
Das „biogene“Interieur lässt jeden lächeln, der Platz nimmt: Sitzauflagen aus Hirschleder, Bodenbelag Salzburger Loden, die Pedale aus Holz, ebenso wie die 1,2 Zentimeter dünnen Sitze. Schalter gibt es keine, alle Funktionen sind ins Lenkrad integriert.
Während ein Smart aus 6000 Einzelteilen besteht, wären es beim Enjoy nur