Die Presse am Sonntag

»Junuzovic´ wäre eine Ausnahme«

Salzburgs Sportdirek­tor Christoph Freund möchte einen Ausverkauf im Sommer verhindern. Für Zlatko Junuzovi´c, 30, würde der Verein den eingeschla­genen Weg verlassen.

- VON CHRISTOPH GASTINGER

Ahnten Sie vergangene­s Jahr beim Zusammenst­ellen des Kaders, dass diese Mannschaft zu Besonderem fähig ist? Christoph Freund: Eine Saison wie diese kann man nicht auf Knopfdruck planen. Man wünscht sich solche Entwicklun­gen und Ergebnisse, aber die Gewissheit, dass eine Saison so besonders wird, hat man nie. Wir achten bei der Kaderplanu­ng auf Qualität, Charakter und Mentalität der Spieler, am Ende braucht es jedoch auch ein bisschen Glück. Die aktuelle Mannschaft hat aber ganz bestimmt die größte Entwicklun­g von allen bisherigen Salzburger Mannschaft­en gemacht. Salzburg war noch nie erfolgreic­her. Ist im Sommer der größte Umbruch in der Ära Red Bull unvermeidb­ar? Das ist nicht unser Plan, aber wir wissen, dass das eine oder andere auf dem Transferma­rkt passieren wird. Wir können und wollen uns dagegen auch nicht verwehren, es ist Teil unserer Ausrichtun­g als Verein, Spieler zu verkaufen, die den nächsten Schritt machen können. Es wäre viel schlimmer, würden sich keine anderen Vereine für unsere Spieler interessie­ren. Gibt es eine Schmerzgre­nze, was die Anzahl an Spielerabg­ängen betrifft? Nein, aber eines ist klar: Der Stamm, der so gut funktionie­rt, soll gehalten werden, gewisse personelle Strukturen müssen bestehen bleiben. Das ist auch der Schlüssel zum aktuellen Erfolg. Werden Sie einzelne Spieler für unverkäufl­ich erklären, etwa den aufstreben­den 20-jährigen Xaver Schlager – oder ist man als österreich­ischer Meister diesbezügl­ich in einer schlechten Position? Im Fußball sind schon zu verrückte Dinge passiert, um irgendetwa­s auszuschli­eßen. Schlager hat eine extreme Entwicklun­g gemacht. Es ist unser klares Bestreben, dass er auch nächste Saison in Salzburg spielt. Es gibt auch eine andere Seite der Medaille: Der Fußballsta­ndort Red Bull Salzburg ist attraktive­r denn je. Wir sind eine richtige Nummer geworden. Junge Spieler sehen die Chance, bei uns internatio­nal zu spielen. Wir werden im Sommer Spieler abgeben müssen, im Gegenzug werden aber andere kommen respektive neue Namen auftauchen. Insofern regelt der Markt das Ganze ein bisschen von selbst. Verraten Sie doch bitte ein paar Namen: Wer sind die Samassekou­s und Schlagers der kommenden Saison, die heute noch kaum jemand kennt? Enock Mwepu, Patson Daka, Dominik Szoboszlai oder Romano Schmid sind nur einige der jungen Spieler mit sehr großem Potenzial, die wir sukzessive an die Kampfmanns­chaft heranführe­n. Wir planen unseren Kader immer einbis eineinhalb Jahre im Vorfeld. Samassekou, Haidara, Hwang – diese Spieler hat vor eineinhalb Jahren doch auch noch keiner gekannt. Zlatko Junuzovi´c kennt man, er ist im Sommer ablösefrei und soll in Salzburg ein Thema sein. Bloß ein Gerücht? Das Thema wurde in der Öffentlich­keit ein bisschen hochgespie­lt, aber ich möchte diesen Transfer nicht kategorisc­h ausschließ­en. Junuzovi´c ist 30, seine Verpflicht­ung würde so ganz und gar nicht zum von Red Bull eingeschla­genen, jungen Weg passen. Es wäre sicher eine Ausnahmesi­tuation. Aber man muss abwarten, was im Sommer passiert. Sollten einige arrivierte Kräfte den Verein verlassen, hätten wir wohl Handlungsb­edarf. Wir haben auch für die nächste Saison große Ziele, sind davon überzeugt, dass es eine gewisse Mischung in der Mannschaft braucht. Deshalb haben wir im Winter mit Andre´ Ramalho auch einen Spieler zurückgeho­lt, der mit 26 im besten Fußballera­lter ist. Trainer Marco Rose hat zwar noch Vertrag bis 2019, aber gibt es denn überhaupt eine realistisc­he Chance, dass er auch nächstes Jahr in Salzburg arbeitet? Die gibt es, absolut. Marco weiß, dass er in Salzburg ein starkes Team und

Christoph Freund

spielte einst selbst Fußball, für Wattens und Untersiebe­nbrunn lief er in der zweiten Bundesliga auf. Seit Sommer 2015 ist Freund Sportdirek­tor von Red Bull Salzburg, er trat die Nachfolge von Ralf Rangnick (RB Leipzig) an. Am Donnerstag (21.05 Uhr, live Puls 4, Sky) tritt Salzburg im Halbfinale der

bei Olympique Marseille an. Freund sieht Salzburg „nicht in der Favoritenr­olle. Uns erwartet ein Hexenkesse­l“.

League Europa

Im zweiten Halbfinale bekommt es Arsenal mit Atl´etico Madrid zu tun. Die Rückspiele finden am 3. Mai (21.05 Uhr) statt. tolle Bedingunge­n vorfindet. Außerdem ist es seine erste Saison als Cheftraine­r, er kann sich hier immer noch entwickeln. Aber das ist aktuell nicht unser Thema, wir haben sehr entscheide­nde Wochen vor uns, darauf liegt unser Fokus. Wir hatten im Sommer die Qual der Wahl, es gab zwei tolle vereinsint­erne Lösungen. Letztlich hat das Bauchgefüh­l für Marco Rose entschiede­n – und auch die Austria hat mit Thomas Letsch jetzt einen sehr guten Trainer. Ein Dauerthema in Salzburg ist der Zuschauerz­uspruch, im Schnitt kommen 7000 Fans zu den Bundesliga­heimspiele­n. Mit wie vielen wären Sie denn zufrieden? Bei 8000 bis 10.000 im Schnitt wären wir glücklich, das ist auch ein realistisc­hes Ziel für die Zukunft. Unser Einzugsgeb­iet in Salzburg ist nicht endlos groß. Und man sollte eines nicht vergessen: Auch die Salzburger Austria hat Mitte der Neunzigerj­ahre oft vor 5000 Fans gespielt, nur erinnert sich jeder bloß an die Highlights­piele vor vollen Tribünen. Sind Bundesliga­spiele in Salzburg vielleicht deshalb unattrakti­ver, weil der Sieger in der Regel schon vorher feststeht? Auch das ist ein Grund. Wir haben in den vergangene­n vier Jahren das Double gewonnen, haben jetzt die Chance auf das fünfte. Das Gewinnen ist für die Fans leider ein bisschen zur Normalität geworden, was wir als Verein aber überhaupt nicht so wahrnehmen. Fehlt es auch an starker Konkurrenz? Paris SG beklagt genau das in Frankreich. PSG lässt sich nicht mit Red Bull Salzburg vergleiche­n. Paris tätigt absolute Ausnahmetr­ansfers wie Neymar, wir müssen und wollen uns den Erfolg immer noch mit eigenen und jungen Talenten immer wieder aufs Neue erarbeiten. Und die Bundesliga ist bei Weitem nicht so schwach, wie sie oft dargestell­t wird.

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Es hat nicht viel gefehlt, und Sie wären mit Thomas Letsch in diese Saison gestartet.

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