Die Presse am Sonntag

Gar nicht so schlecht, dieses Leben

- AWA

»Super, und dir?« ist das Porträt einer Generation, die gekonnt den Schein wahrt, irgendwann aber an den Ansprüchen der Außenund Arbeitswel­t zerbricht. Marlene ist 31, hat einen verständni­svollen Freund, den sie sehr mag, einen Job als Community-Managerin in einem Konzern, „den jeder kennt“, und Freunde, die richtig gute Partys feiern. „Es sah gar nicht so schlecht aus, dieses Leben“, schreibt die Ich-Erzählerin in Kathrin Weßlings drittem Buch, dem Roman „Super, und dir?“. Und doch ist Marlene nicht glücklich, sehr angespannt und beginnt sich daher mit Aufputschm­itteln durch den Tag zu bringen. Ein bisschen Ritalin, selten auch einmal eine Line Speed, immer wieder Kokain und nachts, zum Einschlafe­n, Schlafmitt­el. Irgendwann bricht sie zusammen, betrügt ihren Freund und weiß noch weniger weiter als zuvor.

Kathrin Weßling, selbst Jahrgang 1985, Journalist­in und Social-Media-Redakteuri­n für Medien wie Spiegel online, literarisc­h erstmals aufgefalle­n mit ihrem Depression­sroman „Drüberlebe­n“, legt nun das Porträt einer Generation vor, die sich selbst und ihrem Umfeld lang vormacht, dass eigentlich alles super ist. Die aber erkennen muss, an den Ansprüchen von Eltern, Freunden und vor allem der Arbeitswel­t zugrunde zu gehen. So sehr, dass ihre Mitglieder nicht wissen, wer sie eigentlich sein, was sie tun wollen. Da wird gegoogelt, werden SMS verschickt und noch mehr Likes auf Facebook verteilt. Das alles passiert in einem angenehmen, nicht larmoyante­n Ton, bleibt aber zu oft an der Oberfläche. Da hätte durchaus noch mehr Lack abgekratzt gehört, um die Nöte dieser Marlene wirklich zu begreifen. Und jene ihrer Generation. Kathrin Weßling: „Super, und dir?“, Ullstein, 255 S., 16,50 Euro

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