»Superhelden können sterben«
Der amerikanische Schauspieler Jeremy Renner spricht über seinen neuen Film »Avengers: Infinity War«, die Verletzlichkeit von Superhelden und sein reduziertes Mienenspiel, das er sich in seiner Zeit beim Theater angeeignet hat.
Die Geheimhaltungspolitik des Marvel-Studios trug Früchte – kaum etwas ist wenige Tage vor Filmstart über die Handlung von „Avengers: Infinity War“(Kinostart: 26. April), den 3. Teil der Superhelden-WunderteamSaga, bekannt. Dafür gibt es um so mehr wilde Gerüchte. Eines davon: dass Jeremy Renners Figur Hawkeye im Film gar nicht vorkommt. Als wir ihn beim Filmfestival in Macau treffen, entlockt ihm das nur ein mildes Lächeln: „Doch, auch Hawkeye ist mit dabei. Versprochen!“ Wie gefällt es Ihnen hier in Macau? Jeremy Renner: Das Hotelzimmer, das ich hier bewohnen darf, ist, glaube ich, das beste, das ich je hatte. Es ist einfach unglaublich, selbst das Weiße Haus schaut dagegen wie eine schäbige Absteige aus. Und wenn ich sehe, wie effizient hier alle arbeiten, dann frage ich mich echt, wie wir in Amerika überhaupt irgendetwas gebacken bekommen (lacht). Wenn ich in den Fernen Osten komme, vor allem nach China, merke ich immer wieder, welche unglaublichen Möglichkeiten es hier gibt. Haben Sie irgendwelche Lieblinge aus dem asiatischen Kino? Um ehrlich zu sein, ich sehe mir nicht mal meine eigenen Filme an. Ich war immer ein begeisterter Kinogeher, aber seit ich selbst in dem Business arbeite, habe ich kaum Zeit dafür. Außer für Sachen wie „Trolls“oder „Die Eiskönigin“– und die dafür in Endlosschleife. Ich habe schließlich eine vierjährige Tochter, die macht bei mir das Kinoprogramm (lacht). Es gab seit dem Release des ersten des Trailers für „Avengers: Infinty War“wilde Gerüchte um den Tod einiger wesentlicher Charaktere . . . Sie fragen mich, welche Superhelden sterben? (Lacht.) Tja, alles, was ich dazu sagen kann, ist: Es wird auch einen „Avengers 4“geben, ich fliege morgen schon weiter zum Dreh dafür, also machen Sie sich zumindest um mich keine Sorgen. Würden Sie selbst auch gern einen eigenen Hawkeye-Film bekommen? Also, wenn Sie mich das so fragen, klar, das wäre wunderbar. Ich hoffe nur, sie warten damit nicht zu lange, ich will nicht als Mittfünfziger noch in Strumpfhosen rumlaufen.
1971
wurde Jeremy Renner in Modesto, Kalifornien, geboren.
2009
feierte er mit Kathryn Bigelows Kriegsfilm „The Hurt Locker“seinen internationalen Durchbruch. Diese Rolle brachte ihm auch eine Oscarnominierung als Bester Hauptdarsteller ein. Es folgten Erfolgsfilme wie „The Town“, „American Hustle“, „Mission: Impossible – Phantom Protokoll“, „Arrival“und „Wind River“. Sie sind ein Schauspieler, der mit sehr reduzierter Mimik sehr viel ausdrücken kann. Ist das etwas, was man speziell lernen muss? Ja, schon. Ich komme vom Theater, da war ich es eigentlich gewohnt, alles möglichst groß zu machen. Ich habe eineinhalb Jahre gebraucht, um zu lernen, wie sehr ich mich zurücknehmen muss, damit das im Film nicht seltsam wirkt. Die Kamera übersieht kein noch so kleines Detail. Mittlerweile kann ich aber ganz gut damit umgehen. Und es hilft, wenn man so ein seltsames Knautschgesicht hat wie ich. Ist das auch ein Grund, warum die „Avengers“-Filme so gut funktionieren? Weil die Schauspieler in den Hauptrollen alle sehr genau wissen, was sie tun? Ja, mit Sicherheit. Was auch viel ausmacht, ist der gelungene Umgang mit der Ironie bei diesem Franchise. Einerseits wirkt es immer ein bisschen so, als ob sich diese Filme nicht wirklich ernst nehmen, besonders bei den Actionszenen – andererseits gibt es durchaus echte Tiefe. Auch die Superhelden dürfen hier Fehler haben, und sie können – wie wir ja schon erwähnt haben – sogar sterben. Meine Filmfigur hat nicht einmal Superkräfte, er riskiert ständig den Tod. Seine Angreifbarkeit macht ihn greifbar. Im Gegensatz zu Sachen wie . . . ich weiß nicht, „Godzilla gegen Transformer“, wo in Wirklichkeit nichts auf dem Spiel steht. Weil Sie gerade das klassische „Bubenfilm“-Klischee ansprechen: Die MeTooBewegung hat die amerikanische Film- und Medienlandschaft – und das Selbstverständnis vieler Männer – ziemlich aufgerüttelt. Was nehmen Sie für sich selbst von den Debatten mit? Gleichstellung ist ein sehr wichtiges Thema, über das man immer reden sollte. Aber vielmehr sollte man endlich überall danach handeln. Ich habe das selbst auch immer so gehalten, ich bin ja ausschließlich mit Frauen aufgewachsen, das hat immer eine große Rolle gespielt. Jetzt versuche ich so gut es geht, Frauen zu unterstützen – sowohl im Privatleben als auch im Beruf, damit auch sie die starken, machtvollen Positionen einnehmen können, die sonst immer den Männern vorbehalten bleiben.