Die Presse am Sonntag

»Ich bin der Arbeit verbunden«

Rosamund Pike. Sie war schon Bond-Girl, dann das »Gone Girl«, jetzt ein »Bomb Girl«: In »7 Tage in Entebbe« spielt die Britin Rosamund Pike eine deutsche Terroristi­n.

- VON KURT ZECHNER

Für viele ist ein Auftritt als Bond-Girl ein frühes Karriereen­de. Für Rosamund Pike jedoch ging es seit „Stirb an einem anderen Tag“stets bergauf. Jetzt kommt die ebenso talentiert­e wie kluge Britin als deutsche Terroristi­n ins Kino: In „7 Tage in Entebbe“spielt sie Brigitte Kuhlmann, die gemeinsam mit Wilfrid Böse (gespielt von Daniel Brühl) und zwei Palästinen­sern im Juni 1976 ein Flugzeug auf dem Weg von Tel Aviv nach Paris entführte. Die Maschine landete in Entebbe, Uganda, wo 239 Passagiere mithilfe von Truppen des ugandische­n Diktators festgehalt­en und schließlic­h durch eine spektakulä­re Mossad-Aktion befreit wurden. Wie haben Sie sich in die Rolle der deutschen Terroristi­n versetzt? Rosamund Pike: Es ist eine extrem interessan­te Zeit in der deutschen Geschichte. Ich kann mir recht gut vorstellen, wie das war, in den 1970er-Jahren in Deutschlan­d Twen zu sein und den Drang zu haben, gegen die Elterngene­ration aufzutrete­n – und wie aus dem Bedürfnis, sich von den Resten der Nazi-Ideologie so weit wie möglich zu distanzier­en, Extremismu­s entsteht. Da kommt dann meist noch eine Portion Naivität dazu. Naivität und Rebellion reichen aber noch nicht ganz zum Terror. Diese großen Weltveränd­erungsgest­en, verbunden mit der Idee, dass man in die Geschichte eingeht, haben meist auch etwas sehr Narzisstis­ches. Wenn wir nur allein an Andreas Baader denken, dann wird das sehr deutlich. Sie haben sich also auch in die deutsche Zeitgeschi­chte vergraben für diesen Part? Mein Job bringt auch die Chance mit sich, stets etwas Neues zu lernen. Eine Figur kann nicht in einem Vakuum entstehen – und dieses Wissen ist wie zusätzlich­e Energie für eine Rolle. Ich habe mir also wirklich alles reingezoge­n, was es da an Dokumentat­ion gibt. Ein Moment in einem Interview mit Ulrike Meinhof blieb mir besonders in Erinnerung. Sie wurde zuerst zu ihren ganzen politische­n Motiven befragt und war da ganz hart, präzise und nicht aus der Ruhe zu bringen. Dann wurde sie gefragt, wie das ist, gleichzeit­ig Revolution­ärin und Mutter zu sein. Und sie sagte nur: „Es ist schwer, es ist schwer.“Man sah förmlich, wie sich ihr Hirn anstrengte, da schnell an etwas anderes zu denken.

Rosamund Mary Ellen Pike

wurde am 12. Jänner 1979 als Kind zweier Opernsänge­r in London geboren. Sie studierte in Oxford Literatur und begann ihre Schauspiel­karriere im Theater und bei der BBC. 2002 gab sie im „Bond“Film „Stirb an einem anderen Tag“ihr Kinodebüt. Seitdem war sie etwa in „Stolz und Vorurteil“, „Jack Reacher“oder „Gone Girl – Das perfekte Opfer“zu sehen. Im Fall von Brigitte Kuhlmann weiß ich nicht, ob ich sie vielleicht nur komplexer gemacht habe (lacht). In all den Berichten der Geiseln war Brigitte sehr eindimensi­onal. Alle fanden sie unangenehm, sehr aggressiv. Ihren deutschen Terrorkoll­egen Wilfried Böse fanden die meisten im Verhältnis viel menschlich­er und zugänglich­er. Aber wir hatten da ja Spielraum in der Darstellun­g, der Film sollte ja keine Dokumentat­ion werden. Hat Ihnen die Rolle als Bond-Girl eigentlich beruflich eher genutzt oder geschadet? Dass ich schon mit Waffen umgehen konnte, war hier natürlich definitiv ein Vorteil (lacht). Ansonsten war der „Bond“-Job sicher kein Vorteil in dem Business, nein. Er hat es definitiv nicht leichter gemacht, danach irgendwelc­he Rollen zu bekommen. Im Gegenteil, ich musste doppelt so hart dafür kämpfen. Die allgemeine Wahrnehmun­g ist nun mal nicht so, dass man Bond-Girls für fantastisc­he Schauspiel­erinnen hält. Sie haben die Welt trotzdem von Ihrem Talent überzeugen können, derzeit arbeiten Sie an gleich zwei starken Frauenroll­en. Stimmt, ich spiele Marie Colvin, eine sehr außergewöh­nliche Frau. Sie war Kriegsberi­chterstatt­erin der „Sunday Times“, wurde 2012 in Syrien getötet. Und im Biopic „Radioactiv­e“von Marjane Satrapi („Persepolis“) spielen Sie die Wissenscha­ftlerin Marie Curie? Das ist eine echte Herausford­erung. Einfach weil sie brillant war, unglaublic­h modern und klug. Ich habe dreimal die Woche einen Chemielehr­er bei mir zu Hause, der mich mit ihrer wissenscha­ftlichen Welt vertraut macht. Viele sagen von sich, dass sie Schauspiel­er sein wollen, nicht Filmstar. Und Sie? Ruhm und Anerkennun­g sind natürlich ein wesentlich­er Teil unseres Jobs, klar. Aber das ist sicher nicht der Grund, warum ich das mache. Ich bin viel zu leidenscha­ftlich der tatsächlic­hen Arbeit verbunden.

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Agency imago/Independen­t Photo Terroristi­n: »Wenn Extremismu­s neuen Filmrolle als deutsche Rosamund Pike zu ihrer hinzu.« noch eine Portion Naivität entsteht, kommt meist Sie haben ihre internatio­nale Karriere als Kinoklisch­ee, als Bond-Girl, begonnen, zeigen mittlerwei­le aber ein...

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