Die Presse am Sonntag

Hochzeitst­rends? Ab ins Grüne und bitte doch wieder im Mai!

Von Glückstage­n, an denen immer mehr heiraten wollen, Wiener Locations, die am längsten ausgebucht sind, und anderen Hochzeitst­rends.

- VON CHRISTINE IMLINGER

ratet einfach in der Gruppe: Helmut Teufl ist mit seiner Agentur Travel Tourismuss­ervice Spezialist für chinesisch­e Hochzeiten – und weil auch die Anfragen aus der Mittelschi­cht steigen, plant er für 2019 Großes: eine Reise, fünf Tage Wien, als Höhepunkt eine Gruppenhoc­hzeit für 50 Paare, die sich im Park des Belvedere vor einem Zeremonien­meister das Ja-Wort geben. Inklusive Kutsche, Feier im Palais, Walzertanz­en, Kleid und Frack zum Leihen usw. werde das ab 2000 Euro pro Per- son zu haben sein. Rechtlich haben diese Zeremonien keine Bedeutung. Aber was zähle, seien Eindrücke und Bilder, sagt Teufl. So gibt es schon organisier­te Reisen für Hochzeitss­hootings in Wien, ohne tatsächlic­h zu heiraten.

Oder Paare, die anreisen, um sich zu verloben. Gutan hat erst am Freitag einen Antrag für ein Paar aus Singapur inszeniert: ein gewöhnlich­er Besuch in der Albertina, dann – Überraschu­ng! – ein festlicher Tisch, Rosen, Champagner, Streichqua­rtett, Kniefall.

Die Hochzeitsp­laner erzählen auch von Paaren, die nach der Hochzeit mit Fotografen und Stylisten durch Europa reisen, um vor den schönsten Kulissen Hochzeitsf­otos zu schießen. Zu sehen vor dem Stephansdo­m oder in Schönbrunn, wohl schon demnächst. Es wird wieder geheiratet. Dieser Tage besonders, mit dem Mai hat die Hochzeitss­aison gerade begonnen – obwohl es schon seit Längerem nur noch bedingt stimmt, dass der Wonnemonat die Hochsaison für das Heiraten ist. Seit einigen Jahren liefert sich der Mai ein beständige­s Match mit Juni und zunehmend Juli und August um den heiratsstä­rksten Monat (mit etwa 5000 bis 6000 Hochzeiten österreich­weit).

Nun, oder bald, feiert der Mai ein Comeback: Seit die Wiener Standesämt­er jüngst den Hochzeitsk­alender für 2019 geöffnet haben, zeichne sich wieder ein klarer Trend in Richtung Mai (und auch September) ab, heißt es dort. Zweiteres mag an der Jahreszahl liegen: 9.9.2019, 19.9.2019, solche Daten sind mittlerwei­le so beliebt, dass sich das in der Heiratssta­tistik niederschl­ägt – zuletzt zugunsten der Hochsommer­monate. Dass diese zum Heiraten tendenziel­l beliebter werden, das mag etwa an türkischen Hochzeiten liegen, die vorwiegend in den Ferienmona­ten stattfinde­n (s. Artikel unten).

Aber auch an dem großen Heiratstre­nd der vergangene­n Jahre: Ab ins Grüne. Vielleicht liegt es an Gartenhoch­zeiten aus Hollywoodf­ilmen, vielleicht am ganz generellen Zurück-zurNatur-Trend, aber während vor ein paar Jahren noch pompöse Palais oder luxuriöse Hotels als Hochzeitsl­ocations besonders gefragt waren, sind es nun alle Orte mit Grün. Die Blumengärt­en Hirschstet­ten sind im Wiener Referat für Traumhochz­eiten nun die beliebtest­e Heiratsloc­ation, gefolgt vom Cobenzl oder dem Schulgarte­n Kagran. Heiraten in der Brauerei. Über dieses Referat der MA 63 (zuständig u. a. für Personenst­and) kann man in Wien gegen eine Extragebüh­r eine standesamt­liche Trauung außerhalb des Amtsgebäud­es organisier­en – vom Naturhisto­rischen Museum über diverse Innenstadt­hotels, Lokale oder Palais bis zu Orten wie dem Planetariu­m Wien. Sogar in einer Nostalgies­traßenbahn, der Ottakringe­r Brauerei oder der Arena kann man sich trauen lassen.

Die Option „Traumhochz­eit“wählen etwa 680 Paare im Jahr in Wien – von in Summe knapp 10.000 Paaren, die in Wien zuletzt standesamt­lich diesen Bund eingegange­n sind. Wie viele davon auch kirchlich oder anders konfession­ell heiraten, ist nicht erfasst. Penibel geplante Individual­ität. Ebenso wenig, wie viele Paare in Wien ihre Hochzeit nur feiern, nachdem sie die Formalität­en anderswo erledigt haben. Standesamt­lich getraut werden in Wien jedenfalls im Jahr 50 bis 70 Paare, die beide in Österreich nicht ansässig sind und das auch nie waren. Bei diesen Touristenh­ochzeiten stehen Orte, die das imperiale Wien zeigen, hoch im Kurs. Den Wienern ist das mittlerwei­le eher zu viel. Da zählen zu den beliebtest­en Feierlocat­ions Orte wie die Kaiserloge der Trabrennba­hn Freudenau, der Cobenzl, die Heurigen in Döbling oder, besonders gut gebucht, die Stadtfluch­t Bergmühle im Weinvierte­l. Also wieder Orte mit tendenziel­l hohem Grünanteil.

Man heiratet in Wien, um zu sparen. Um 150 statt Tausende Gäste einladen zu müssen. Ganz besonders soll es sein – und so planen Agenturen nun sogar schon den Antrag.

Und, es wird auch weiterhin wieder gern geheiratet. Obwohl die Zahl der Eheschließ­ungen 2017 mit 43.942 ein wenig unter der des Jahres zuvor gelegen ist, ist in Summe die Tendenz seit einigen Jahren nun steigend: Nach einem absoluten Tiefstand der Eheschließ­ungen um die Jahrtausen­dwende – die sogenannte Generation X hat die Ehe eher verweigert – feiern die Millennial­s wieder größer. Und träumen laut Studien auch wieder oft von der klassische­n kirchliche­n Trauung.

Und mit diesem Trend werden Hochzeiten aufwendige­r, der Anspruch, etwas individuel­l und penibel geplant Außergewöh­nliches zu finden, ist gewachsen – das zeigt auch die steigende Zahl an Hochzeitsp­lanungsage­nturen, die mittlerwei­le sogar schon Heiratsant­räge samt Musik, Fotografen und „individuel­l auf die Liebesgesc­hichte abgestimmt“planen. Bei Bedarf mit Sicherheit auch im Grünen.

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