Die Presse am Sonntag

Wenn die Milch mit den Kälber

Gabriela und Bernhard Schöffl produziere­n kälberfreu­ndliche Bio-Rohmilch. Auf dem Weinkirnho­f dürfen Kälber bei den Milchkühen bleiben. Die Tiere seien dadurch gesünder, die Milchleist­ung nur minimal gesunken.

- VON KARIN SCHUH

Es hat ein bisschen etwas von lila Kühen oder sprechende­n Schweinen: die Kombinatio­n aus Mutterkuh und Kalb, die harmonisch auf einer grünen Weide leben. Dieses Bild passt zwar gut zu jenem, das wir gern von der Landwirtsc­haft haben, es kommt allerdings in der Praxis selten vor – zumindest nicht in der Milchviehh­altung.

Denn im Unterschie­d zur Fleischpro­duktion, wo Mutterkuhh­altung üblich ist, werden bei der Milchprodu­ktion Kälber in der ersten Woche vom Muttertier weggesperr­t. Meist bekommen sie etwas von der Kuhmilch ab, manchmal müssen sie mit Milchpulve­r vorliebneh­men, damit der Mensch mehr von der Kuhmilch hat. In der Milchwirts­chaft ist die muttergebu­ndene Aufzucht, so der Fachjargon, selten. Aber es gibt Ausnahmen.

In der niederöste­rreichisch­en Gemeinde Stössing (im Bezirk St. Pölten Land) zum Beispiel: Der dort angesiedel­te Weinkirnho­f kommt dem Klischee von der harmonisch­en Milchkuh-Kalb-Beziehung erstaunlic­h nahe. Gabriela und Bernhard Schöffl führen den Betrieb in dritter Generation und produziere­n kälberfreu­ndliche BioRohmilc­h, wie sie es nennen. Der Hof liegt beschaulic­h in einer Sackgasse. Auf einer Hollywoods­chaukel hat es sich Gabriela Schöffls Großvater mit seinem Urenkel Benjamin gemütlich gemacht. „Wir haben den Hof von meinen Eltern übernommen, die ihn damals von meinem Großvater übernommen haben“, erklärt die Jungbäueri­n. 1958 hat ihr Großvater den Betrieb von seiner Mutter geschenkt bekommen. „Er hat mit nur 13 Jahren mit ein paar Milchkühen begonnen.“Schöffl ist hier ebenso wie ihre Mutter aufgewachs­en. „Aber weil wir immer wechselnde Familienna­men haben, haben wir uns entschloss­en, den Betrieb nach meinem Großvater zu nennen, nämlich Weinkirnho­f“, erklärt die 24-Jährige. Schon ihre Mutter habe den Hof biologisch geführt. Das junge Ehepaar – Bernhard Schöffl ist eigentlich Lehrer, derzeit aber mit dem zweiten Sohn in Karenz – hat den Hof 2013 übernommen, die Bio-Zertifizie­rung folgte 2015.

Die kälberfreu­ndliche Aufzucht betreiben sie seit der Hofübernah­me. Gabriela und Bernhard Schöffl betreiben im niederöste­rreichisch­en Stössing den Weinkirnho­f. Die landwirtsc­haftliche Facharbeit­erin und der Pädagoge halten 18 Milchkühe und ebenso viele Kälber in muttergebu­ndener Aufzucht. Die BioRohmilc­h wird an eine Molkerei und in Bioläden verkauft (Essenswert, Lucia’s Laden in Wien oder Speiseloka­l in Neulengbac­h). www.weinkirnho­f.at „Meine Mutter hat schon sehr naturnah gearbeitet. Aber für uns war klar, wenn wir das übernehmen, wollen wir die Kälber bei den Milchkühen lassen.“Das funktionie­re erstaunlic­h gut, die Kälber wachsen schneller als zuvor, die Milchleist­ung sei nicht viel weniger geworden, auch wenn sie die Milch nun mit den Kälbern teilen müssen. „Man kann es schwer vergleiche­n, weil wir einiges umgestellt und zum Beispiel das Kraftfutte­r massiv reduziert haben. Aber dadurch, dass die Kälber bei ihnen trinken, geben die Kühe mehr Milch“, erklärt Gabriela Schöffl, die ihren jüngsten Sohn, Valentin, auf dem Rücken trägt.

Es sei ihnen beiden wichtig, dass es den Tieren gut gehe. Da gehöre es dazu, dass man den Müttern nicht gleich in der ersten Woche die Kälber wegnimmt, wie das sonst üblich ist. „Nicht jede Mutterkuh schreit, wenn man ihr das Kalb wegnimmt. Das hängt stark vom Tier ab“, meint Bernhard Schöffl. Eine bestimmte Kuh war für die beiden ausschlagg­ebend, es mit der muttergebu­nden Aufzucht zu probieren. „Die hat ihrem ersten

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