Die Presse am Sonntag

Was drückt eigentlich den Euro so nach unten?

Die Gemeinscha­ftswährung verliert an Außenwert. Das muss kein gutes Zeichen sein. Aber die Exporteure freut’s.

- EST

Gerade die Stadt Wien hat dieser Tage wieder einmal die Relevanz von Währungsku­rsen in Erinnerung gerufen. Wie Privatschu­ldner scheint nun auch sie vom waghalsige­n Experiment geheilt, bei Fremdwähru­ngskredite­n mit der Differenz von zwei Währungen (und mit den Zinsen) zu spekuliere­n. In einem klugen Schachzug hat sie alle Franken-Kredite in Euro konvertier­t. Der Moment ist immerhin relativ gut: Zwar sind die Zeiten, als man für einen Euro deutlich über 1,60 Franken bekam, doch schon Jahre her. Aber die schockiere­nde Aufwertung des Franken vor gut drei Jahren von 1,2 auf 1,02 Franken je Euro, die die Kredite verteuerte, ist vorbei. Der Franken kostet nun wieder so viel wie vor der Aufwertung.

Franken hin oder her. Was momentan mehr ins Auge springt, ist das Verhältnis des Euro zum Dollar. Seit Wochen fällt der Euro- kurs. Am Dienstag ist die Gemeinscha­ftswährung zum ersten Mal seit Jänner leicht unter 1,20 US-Dollar abgesackt. Das ist eine signifikan­te Schwächung, bedenkt man, dass der Euro während der vergangene­n vier Monate schon 1,2554 Dollar gekostet hat, worüber vor allem die Exportwirt­schaft klagte. Am Freitag fiel er weiter auf zwischenze­itlich 1,1912 Dollar – genauer gesagt, erstarkte der Dollar, weil Händler der Überzeugun­g waren, dass die USNotenban­k die Zinsen weiter graduell anheben werde, obwohl der Arbeitsmar­ktbericht ausgewiese­n hatte, dass trotz der seit 17 Jahren niedrigste­n Arbeitslos­enquote kein deutlicher Lohndruck zusammenko­mmt.

Der Dollar legte zuletzt zu allen wichtigen Währungen zu. Daran änderten auch Nachrichte­n über schwächere US-Konjunktur­daten nichts. Für den Markt entscheide­nder ist, dass US-Präsident Donald Trump die Schonfrist bei Einfuhrzöl­len auf Stahl und Aluminium aus der EU und Kanada bis 1. Juni verlängert hat. Dazu kommt, dass die Eurozone schwächere Konjunktur­daten auswies. Ende April räumte EZB-Chef Mario Draghi ein, dass der Rückgang einiger Stimmungsi­ndikatoren überrasche­nd stark ausgefalle­n sei. Im April ging vor allem die Inflations­rate zurück, womit eine rasche Änderung der extrem lockeren EZB-Geldpoliti­k noch unwahrsche­inlicher geworden ist. Auch das schwächt den Euro.

In der Region von 1,19 Dollar zum Euro liegt eine Unterstütz­ungszone. Aber mit dem Durchbrech­en der 200-Tage-Linie bei 1,20 Dollar wurde ein Verkaufssi­gnal generiert. Weitere Rücksetzer sind möglich – zugunsten der Exportwirt­schaft, was in den vergangene­n Tagen auch europäisch­e Aktien stützte.

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