Die Presse am Sonntag

Wenn die Ehe zur Hölle wird

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Ein berührende­r Roman von Domenico Starnone über die Lebensaufg­abe Familie und über das Paradoxon, das Paare zusammenhä­lt. Auch zu zweit kann man allein sein: Dieser quälenden Einsamkeit in einer Beziehung widmet der neapolitan­ische Schriftste­ller Domenico Starnone seinen Roman „Auf immer verbunden“.

Vanda und Aldos Ehe beginnt glücklich, zumindest haben sie das so in Erinnerung. Als wegen der Kinder die Freiheiten geringer und der Alltag einengende­r wird, bricht Aldo aus: Er verliebt sich in eine 19-Jährige, zieht zu ihr. Vanda versucht vergeblich, ihren Mann umzustimme­n. Jahre später kehrt Aldo zur Familie zurück. Alter Groll, Misstrauen und Entfremdun­g prägen ab da die Ehe.

Diese Lebensgesc­hichte gegenseiti­ger Kränkungen wird rückblicke­nd aus drei Perspektiv­en geschilder­t: Erst beschreibt die junge Vanda ihre Verzweiflu­ng, Wut und zuletzt Verachtung. Dann sinniert der 70-jährige Aldo über sein Eheleben, seine Versuche, Konflikten aus dem Weg zu gehen, die Angst vor seiner Frau. Er beschreibt das geheimnisv­olle Paradoxon vieler alternder Beziehunge­n: Trotz aller Verletzung­en ist man voneinande­r abhängig, fühlt sich verbunden – auch wenn man nie zueinander findet. Im letzten Kapitel kommen die erwachsene­n Kinder zu Wort. Sie werden sich an den Eltern rächen.

Starnone schreibt ehrlich, oft berührend. Er ergreift keine Partei, konzentrie­rt sich auf psychologi­sche Nuancen. Manchmal spitzt er Situatione­n leicht zu, sodass diese Ehetragödi­e eine bittere Komik erhält: Als Leser lebt man jedenfalls jeden Moment dieser unglücklic­hen Familienge­schichte mit. BASTA Domenico Starnone: „Auf immer verbunden“, üb. von Christiane Burkhardt, DVA, 176 Seiten, € 18,50.

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