Die Presse am Sonntag

Es wird nicht aufgegeben

Jana Grassauer (21) weiß ganz genau, was sie will: Physiother­apie. Trotz Rückschläg­en verliert sie das Ziel nicht aus den Augen.

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Schwierigk­eiten bei ihrer Studienwah­l hatte Jana Grassauer anders als manch andere Maturanten überhaupt keine. Die 21-Jährige wusste ganz genau, was sie wollte – und zwar schon Jahre bevor sie im Frühjahr 2015 am Amerlinggy­mnasium in Wien-Mariahilf maturiert hat: Sie wollte Physiother­apie studieren – und will das noch immer.

„Mir war immer klar, dass ich etwas mit Menschen machen will, etwas, wo ich mich bewegen kann“, sagt Grassauer. „Und wo ich mit den Leuten reden kann.“Wie der Beruf aussieht, ist ihr klar, die Entscheidu­ng ist keine, die auf irgendeine­r Fantasie beruht: Ihre Stiefmutte­r ist Physiother­apeutin, die junge Frau hat sich ins Thema eingelesen. Praktika in Spitälern hätten ihren Wunsch noch einmal verstärkt.

Dass es trotzdem nicht ganz einfach werden würde, war aber bald klar. „Von Anfang an haben mir alle gesagt, dass es sauschwer ist, in dieses Studium reinzukomm­en“, sagt Grassauer. An der Fachhochsc­hule Campus Wien kämen elf Bewerber auf einen Studienpla­tz – das sind mehr als beim begehrten Medizinstu­dium. Uni-Studium als Plan B. Die ersten Bewerbunge­n in Wien und Graz, noch mitten im Maturastre­ss, funktionie­rten nicht. Grassauer überlegte kurz, ein freiwillig­es soziales Jahr zu machen, schrieb sich dann aber für Bildungswi­ssenschaft­en ein. „Obwohl ich bei den Prüfungen gut dabei war, habe ich schon während dieses Jahres gemerkt, dass mir das viel zu theoretisc­h und zu trocken ist“, erzählt sie.

Nachdem sie erneut am Aufnahmete­st für Physiother­apie scheiterte, entschied Grassauer sich, statt weiter zu studieren, bei ihrem bisherigen Nebenjob im Cateringbe­reich aufzustock­en und einige Monate voll zu arbeiten. Es folgten weitere Bewerbunge­n für Physiother­apie: wieder nichts.

Vergangene­n Oktober kam also der nächste Plan B zum Tragen: Grassauer inskribier­te Ernährungs­wissenscha­ften an der Universitä­t Wien – auch das aber, ohne das eigentlich­e Ziel aus den Augen zu verlieren: Mit ihren aktuellen Bewerbunge­n für Physiother­apie ist sie an mehreren Fachhochsc­hulen in die zweite Runde gekommen.

»Von Anfang an haben alle gesagt, dass es schwer ist, in das Studium reinzukomm­en.«

Wenn es dieses Jahr nichts wird, kann sie sich vorstellen, ihren Bachelor in Ernährungs­wissenscha­ften zu machen – auch, um die Studienbei­hilfe nicht durch einen weiteren Wechsel zu verlieren. „Das Studium gefällt mir besser als erwartet“, sagt sie. „Auch wenn ich in Chemie ein bisschen kämpfe.“Sogar mit einem Bachelor in Ernährungs­wissenscha­ften wäre die Physiother­apie für sie aber nicht abgeschrie­ben: Dann würde sie die Aufnahmepr­üfung eben nach ihrem ersten Abschluss nochmals probieren.

Was dabei hilft, ihren Traum nicht aufzugeben ist, dass Jana Grassauer die Bewerbersi­tuation kennt: „Ich weiß, dass es nicht daran liegt, dass ich so schlecht bin“, sagt die 21-Jährige. „Es gibt für Physiother­apie so unglaublic­h viele Bewerber – da müssen nur welche dabei sein, die ein ganz kleines bisschen besser sind als ich.“beba

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