Nicht mehr jedem gefallen
Anna Schlögl wird Volksschullehrerin. Nach der Matura hat sie Selbstbewusstsein gewonnen – und Respekt vor ihrem Beruf.
Die Schule hat Anna Schlögl auch nach der Matura nie ganz verlassen. Gleich nach ihrem Abschluss an einem Wiener Gymnasium hat sie in der Kirchlichen Pädagogischen Hochschule in Strebersdorf einen Platz bekommen. Seither absolviert sie eine Ausbildung zur Volks- und Religionslehrerin.
Während ihrer Ausbildung wohnt die 21-Jährige noch zu Hause bei ihren Eltern in Wien. Dabei hätte sie nichts dagegen, ausziehen, aber finanziell spricht einiges dagegen. „Ich seh das bei meinem Kolleginnen, die sich das getraut haben, die kommen grad so durch und müssen von ihren Eltern unterstützt werden“, erzählt sie. Außerdem wäre es „blöd von mir gewesen auszuziehen“. Schlögl wohnt am Wiener Schafberg in einem Haus und hat dafür mit ihren Eltern nach der Matura die Zimmer getauscht. Jetzt gehört ihr das Dachgeschoß allein, inklusive Bad. Von den Eltern bekommt sie 60 Euro Taschengeld im Monat, was sie sonst ausgibt, muss sie sich selbst mit Babysitten und Sommerjobs verdienen. Anna Schlögl reist gern. Wenn sie kann, dann fliegt sie in den Ferien mit Freunden weg.
Die Zeit an der Hochschule genießt sie sehr, sagt sie, im Vergleich zur Schule sei die Klassengemeinschaft reifer geworden, Probleme werden angesprochen. „Es ist ein ganz anderes Niveau.“Auch sie selbst habe sich verändert. „Ich bin selbstbewusster geworden und habe nicht mehr das Bedürfnis, jemandem gefallen und mich anpassen zu müssen.“Den Wunsch, Volksschullehrerin zu werden, hat sie schon seit der eigenen Volksschulzeit, ihre Mutter ist selbst Religionslehrerin. Trotzdem hat sie sich das Studium und den Beruf anders vorgestellt. „Ich habe den Beruf unterschätzt. Was man da alles beachten muss. Vielleicht habe ich Volksschullehrer früher selbst zu schnell abgestempelt“, sagt sie. Doch noch ein Studium? 2015 war sie im ersten AHS-Zentralmaturajahrgang, an ihrer Hochschule ist sie der erste Jahrgang, der fünf Jahre für den Abschluss absolvieren muss. Sie hält das für übertrieben. „Es gibt Seminare, bei denen man das Gefühl hat, da wird noch was reingestopft, damit sich die Zeit ausdehnt.“Früher habe das Studium drei Jahre gedauert, und es sei auch gut gewesen.
»Ich habe schon Angst, mich nach dem Studium gleich ins Arbeitsleben zu stürzen.«
Nach dem Studium möchte sie trotzdem nicht gleich eine Klasse allein übernehmen, lieber Begleitlehrerin sein. Gerade Wien sei mit der hohen Anzahl an Migrantenkindern und dem Wunsch nach mehr Inklusionsklassen kein leichtes Pflaster. Wie man bei diesen Rahmenbedingungen als Volksschullehrerin auf alle Schüler individuell eingehen soll, ist ihr nicht ganz klar.
Aber vielleicht fängt sie ohnehin nicht gleich zu arbeiten an. „Ich habe schon Angst, mich gleich ins Arbeitsleben zu stürzen. Es ist ein ungutes Gefühl, wenn man sich denkt, man arbeitet ab dann die nächsten 40 Jahre.“Anna Schlögl überlegt daher, nach ihrer Ausbildung vielleicht noch ein Kunstgeschichtestudium anzuhängen. Das Thema interessiert sie. win