Die Presse am Sonntag

Zweirad auf der Autobahn

Moskau investiert in Fahrradkul­tur. Den Hauptstädt­ern gefällt das.

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Die Karte der Fahrradweg­e in der russischen Hauptstadt ist noch ziemlich fragmentie­rt: Die längsten Radwege zählen gerade mal ein paar Kilometer und führen den Moskau-Fluss oder den Boulevard-Ring in der Innenstadt entlang. Es sind keine Verbindung­en für echte Radpendler, die aus ihren Wohnvierte­ln tagtäglich in die Arbeit im Moskauer Zentrum radeln.

Vielleicht wäre das aber auch zuviel verlangt. Radfahren in einer mehr als zwölf Millionen Einwohner zählenden Metropole mit achtspurig­en Stadtautob­ahnen ist ein ziemlich exotisches Konzept. Bis vor ein paar Jahren hätten die Moskauer beim Thema Zweirad nur ungläubig geschaut. Radfahren? Ist etwas fürs Dorf! Jetzt sieht man in der russischen Hauptstadt immer mehr mutige Radler.

Denn die Stadtregie­rung hat in den vergangene­n Jahren viel Geld in die Fahrradinf­rastruktur investiert: Rad- wege sind entstanden, viele davon in den weitläufig­en Parks; die Radverleih­Stationen sind seit Kurzem wieder mit Fahrrädern bestückt; im Internet gibt es eine Vielzahl an Ressourcen für angehende Zweiradfan­s; und hippe Fahrradläd­en gibt es sowieso.

All das ist Teil des Versuchs, Moskau zu einer lebenswert­eren Stadt nach westlichem Vorbild zu machen. Gehwege werden verbreiter­t, Grünfläche­n angelegt, öffentlich­e Plätze geschaffen. Die Hauptstädt­er nehmen es mit Dank an, denn in der warmen Jahreszeit zieht es alle nach draußen. Noch sind die Moskauer Freizeitra­dler. Diejenigen, die an den Wochenende­n Radfahren gehen, sind sozusagen die Vertreter eines neuen Trends. Daran wird sich wohl so bald nichts ändern.

Wer sich schnell fortbewege­n will, steigt ins Auto oder nimmt – besser noch – die Metro. Wer zeigen will, dass er Zeit hat: das Rad. som

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