Die Presse am Sonntag

Jungstier statt einfach nur Rindfleisc­h

Während früher einfach Rind gegessen wurde, wird heute viel mehr differenzi­ert.

- VON KARIN SCHUH

Es ist vorzugswei­se der Jungstier, der in Österreich auf dem Griller landet. Fleisch von alten Milchkühen ist die Ausnahme und wird wohl auch eine Spezialitä­t in einer Nische bleiben. Zu sehr haben sich die Österreich­er an das Mantra „möglichst jung, möglichst mager“beim Fleisch gewöhnt. Wobei sich auch da ein bisschen etwas ändert.

Ein dicker Fettrand ist zwar nach wie vor unbeliebt (wobei er geschmackl­ich nicht verkehrt wäre), eine gute Marmorieru­ng, also intramusku­läres Fett, darf es aber sehr wohl sein. Laut dem Rinderexpe­rten und Geschäftsf­ührer der Erzeugerge­meinschaft Gut Streitdorf, Werner Habermann, stammen rund 80 Prozent des hierzuland­e im Lebensmitt­eleinzelha­ndel verkauften Rindfleisc­hs vom Jungstier, der maximal 20 Monate alt sein darf. „In den letzten Jahren ist aber die Nachfrage nach Kalbin und Ochs gestiegen“, so Habermann. Eine Kalbin (eine ausgewachs­ene Kuh, die noch kein Kalb bekommen hat) ist maximal 24 Monate alt, der Ochse maximal 30 Monate. „Die Basis der Top-Rindfleisc­hqualität bleibt aber der Jungstier, er ist für die große Masse verfügbar, und das Preis-Leistung-Verhältnis stimmt.“Im Vergleich zu Kalbin oder Ochse sei er um gut 20 Prozent billiger. Weniger Kalb. Rückgängig ist hingegen die Nachfrage nach Kalbfleisc­h (unter sechs Monate). „Das verliert zunehmend an Bedeutung, die Jungen wollen das nicht mehr“, sagt Habermann. Außerdem gäbe es bei Kalbfleisc­h ein Ost-West-Gefälle. „Die, die noch Kalbfleisc­h essen, sind im Wiener Raum und gehören eher zu älteren Generation.“Heimisches Kalbfleisc­h sei deshalb auch schwierig zu bekommen. „In der Gastronomi­e kommt fast 90 Pro- zent des Kalbfleisc­hs aus Holland.“Neben dem Jungstier gibt es auch noch die Kategorie Jungrind (zwischen acht und zwölf Monaten), die allerdings nur über zwei Bio-Eigenmarke­n (Rewe, Hofer) vertrieben werden. Generell liege der Bio-Anteil bei Rindfleisc­h zwischen drei und fünf Prozent.

Während vor 15 Jahren „einfach nur Rindfleisc­h gekauft wurde“, wird heute schon viel mehr differenzi­ert. „Die, die sich damit befassen, legen auch Wert auf eine Marmorieru­ng des Fleischs und dass es am besten vier Wochen lang reifen konnte“, sagt Habermann. Üblich seien hingegen zehn Tage Reifung, der Fleischexp­erte empfiehlt mindestens 14 Tage. Während die Nachfrage nach Steaks und Faschierte­m (Stichwort Burger) stark gestiegen sei, sinkt jene nach Siede- oder Bratenflei­sch. Alles, was schnell zuzubereit­en ist, verkaufe sich derzeit gut.

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