Das liebe
Den Österreichern sind ihre Hunde und Katzen viel wert. Im Leben und über den Tod hinaus ist das Haustier Familienmitglied – und Mittelpunkt einer Milliardenindustrie.
Nicht der braunhaarige Dackelmischling, sondern sein Frauchen muss diesmal vor der Tür warten. Das ist im Doggy Studio Hausregel für die Hundebesitzer. Im Wartezimmer, umgeben von Hundeshampoos und Tierratgebern, serviert ihnen Sarah Thalhammer einen Kaffee. Dann gleitet die Milchglastür zu. Besser, sie sehen nicht, wie sie ihre Vierbeiner in der dahinterliegenden Waschwanne abduscht und anschließend am Halsband am großen Galgen über dem Trimmtisch für den Haarschnitt anbindet.
Ihren Frisörsalon am Rand von Baden gibt es schon länger. Aber bis vor gut einem Jahr wurde hier Menschenhaar geschnitten. Im Mai zog Thalhammer mit ihrem Doggy Studio ein. „Der Mitbewerb ist groß“, sagt sie. „Aber solche wie wir, die das nicht in der Privatwohnung im Hinterhof zu unverschämt niedrigen Preisen machen, gibt es wenige“, ergänzt Martin Kowatsch schnell.
Kowatsch ist der Geschäftsmann, der Sprecher und der Chef des Hauses. Von ihm stammt die Idee für das Doggy Studio. Vor acht Jahren wollte sich der Manager selbstständig machen, recherchierte und fand ein Geschäftsmodell, das so stark expandierte wie wenige andere: Tierfachmärkte. Heute betreibt er im Speckgürtel rund um Wien zehn von 350 Filialen der deutschen Futterhaus-Kette. Daneben will er mit Hundesalons und Hundefotografen expandieren. Bald sollen zwei weitere Standorte dazukommen, die Nachfrage sei da. Das sieht auch die deutsche Leitung so. In naher Zukunft will sie auf 700 Märkte wachsen – allein in Deutschland.
»Unsere Kunden sind immer gut gelaunt, weil sie für ihr Alter Ego einkaufen.«
Das Geheimnis des Erfolgs? „Vermenschlichung“, sagt Kowatsch, „was immer man genau darunter versteht.“Seine Stammkunden ließen jeden Monat rund 45 Euro für Futter, Spielzeug und Leckerlis im Geschäft. Und sie seien – anders als die Kunden im Supermarkt oder im Möbelhandel, wo er früher arbeitete – immer gut gelaunt, „weil sie für ihr Alter Ego einkaufen“.
125 Mrd. Dollar werden Tierbesitzer 2018 weltweit laut dem Analyseunternehmen Euromonitor für das Wohl ihrer Haustiere ausgeben. Wohlgemerkt sind da noch keine Tierarztrechnungen oder der Gang zum Tiermasseur, Bewegungstrainer oder ins Doggy Studio inkludiert, obwohl das alles Wachstumsfelder sind. Lieb, treu, fotogen. Paula Flores von Euromonitor gibt Kowatsch recht: „Seit Jahren vermenschlichen Besitzer ihre Haustiere und behandeln sie wie einen Partner, Freund und Familienangehörigen.“Jetzt, da sich neben Älteren immer mehr ledige Millenials Tiere halten, werde der Trend stärker.
Für Flores ist eine Umfrage der britischen Bank Sainsbury’s bezeichnend für unser heutiges Verhältnis zum Haustier: 42 Prozent der Hunde- und Katzenbesitzer sagten darin, mehr Fotos von ihrem Tier als von ihrem Partner zu schießen. Die Hälfte von ihnen zieht die Katze oder den Hund generell