Der Kaiser glaubte nicht ans Maschinschreiben
Die ersten Schreibmaschinen wurden für Blinde entwickelt. Ein Südtiroler trug sein Modell zu Fuß an den Wiener Hof – und wurde höflich entmutigt. Wenig später wurde in den USA das Patent für eine Maschine angemeldet, deren 150. Geburtstag wir nun feiern.
Gewissermaßen ist ja der Kaiser daran schuld, dass wir das Jubiläum einer amerikanischen und nicht österreichischen Erfindung feiern. Im Dezember 1866 wurde ein Südtiroler Tischler namens Peter Mitterhofer bei Franz Joseph I. vorstellig. Er präsentierte ihm ein hölzernes Gerät mit 30 Tasten, einer Papierwalze und einem Typenhebelkorb – und pries seine Erfindung nicht nur als papiersparende, besser leserliche Alternative zum Handschreiben an, sondern auch als eine weniger anstrengende und für Blinde geeignete: Der Apparat würde „jenen, die an Augen- oder Brustschwäche leiden, von unberechenbarem Vorteile sein“.
Die Gutachter des Kaisers glaubten nicht an die Anwendbarkeit des Geräts und schickten ihn mit 200 Gulden Subvention – zu Fuß! – zurück nach Partschins. Als er ein paar Jahre später ein verbessertes, metallenes Modell nach Wien brachte, nahm man es ihm für 150 Gulden ab, steckte es aber nur in die Modellsammlung des Polytechnischen Instituts, den Vorläufer der TU Wien. Mitterhofer verlor sodann das Interesse am Erfinden. Den Siegeszug der am 23. Juni 1868 in den USA von Carlos Glidden und Christopher Latham Sholes zum Patent angemeldeten Schreibmaschine bekam er aber noch mit. Auf seinem Grabstein steht: „Die anderen, die von ihm lernten, durften die Früchte seines Talentes ernten.“ Viele Erfinder. Die Sholes-Glidden wurde von der Rüstungsfirma Remington später in Serie hergestellt. Dabei war sie nicht die einzige – und Mitterhofers Version auch nicht die erste – Schreibmaschine, die auf der Welt entwickelt wurde. Schon 1714 patentierte der Engländer Henry Mill eine Maschine zum Übertragen von Buchstaben auf Papier – technische Details sind nicht mehr bekannt. Der Italiener Pellegrino Turri baute 1808 für eine blinde Gräfin ein Modell, der deutsche Karl von Drais (der auch die Draisine erfunden hat) 1821 ein „Schreibclavier“für seinen ebenfalls blinden Vater. Auch Leon´ Foucault (bekannt für sein Pendel, das die Erdrotation veranschaulicht) entwickelte eine Maschine für Blinde.
Der Direktor eines dänischen Taubstummeninstituts baute ab 1865 die kugelförmige Skrivekugle, die als erste kommerziell hergestellt wurde. Die Anordnung der Buchstaben geschah auf Wunsch der Kunden. Unter ihnen war auch der sehschwache Nietzsche, der dichtete: „Geduld und Takt muss reichlich man besitzen/Und feine Fingerchen, um’s zu benützen.“
Was die 150 Jahre alte Sholes-Glidden (später als „Remington No. 1“vermarktet) auszeichnete, war die QWERTY-Tastatur, die sich bis heute gehalten hat. Ein Exemplar davon steht im Technischen Museum Wien.