Disharmonie in der Musikschule
Die Amadeus International School übt sich in Business as usual. Doch eine Zwangsversteigerung steht im Raum und die Neos kritisieren dubiose Deals am Semmelweis-Areal.
Es ist ein Grad an Enthusiasmus, den man nicht erwartet, wenn man mit dem Direktor durch eine Schule geht. „Do we love Amadeus?“, fragt Chris Greulich. „Yeeaah“, antwortet ein Dutzend Teenager, die in ihren dunkelblauen Schuluniformen in einem Klassenzimmer sitzen. „Ten, nine, eight, seven . . .“, zählt ein Lehrer in einer anderen Klasse herunter, die Achtjährigen dort tragen rotweiß und werden gleich erfahren, was der Tag noch bringt: eigentlich nur noch den Jahresabschluss.
Denn auch an der privaten Amadeus International School in WienWähring, einer teuren Privatschule mit angeschlossener Musikakademie, endet nun das Schuljahr. Dass die letzten Tage ruhig verlaufen sind, kann man allerdings nicht behaupten. Deutschförderklassen hin, Zentralmatura her: Es ist die Eliteschule am Areal der Semmelweis-Klinik, die derzeit im Zentrum erbitterter Diskussionen steht. Seit bekannt wurde, dass eine Zwangsversteigerung der drei Pavillons, in denen die Schule untergebracht ist, im Raum steht, weil der Eigentümer offenbar in einem finanziellen Engpass steckt, gehen in Wien die Wogen hoch. Beim Sondergemeinderat am Freitag forderten die Neos „endlich Transparenz rund um diesen dubiosen Immobiliendeal“. Der sei einst auch über den Tisch von Bürgermeister Michael Ludwig (SPÖ) gegangen. Spekulationen vermutet. Der Hintergrund: Die Opposition vermutet Ungereimtheiten bei den Liegenschaftsverkäufen und wittert Immobilienspekulation. 2012 wurde ein Teil des Areals, auf dem sich die Frauenklinik Semmelweis befindet, von der Stadt an eine Investorengruppe rund um Immobilienentwickler Nikolaus Peter Lengersdorff und den neuseeländischen Milliardär Richard Chandler verkauft – mit der Auflage, es bis 2027 nur zu Bildungszwecken zu verwenden. Ein schon früher vorgebrachter Vorwurf bei dem Deal, für den sich auch Ex-Bürgermeister Michael Häupl (SPÖ) stark machte: Er sei ohne Ausschreibung und unter Wert erfolgt – laut SPÖ hat die Staatsanwaltschaft Ermittlungen aber eingestellt.
Aktuell wird aber ein anderer Verdacht laut: Eine Versteigerung zu marktüblichen Preisen könnte dem Eigentümer recht sein, denn sie würde ordentlichen Profit bringen. „Das ist Quatsch“, sagte Lengersdorff zuletzt laut „Kurier“. Er hält 60 Prozent an der Amadeus Vienna Campus, die an die Schule vermietet. Die übrigen 40 Prozent gehören nach dem Ausstieg eines Investors einer Gruppe von Eltern um eine Familie aus Singapur. Diese betreibt die Schule auch. Hohe Schulgebühren. Den Debatten zum Trotz setzt der Direktor auf Business as usual. Er signiert Jahrbücher, macht Smalltalk mit Eltern, wird gleich einige Schüler auszeichnen, die sich im vergangenen Jahr besonders hervorgetan haben. Rund 240 Schüler zwischen vier und 18 Jahren lernen hier, knapp jeder Fünfte – das ist Greulich wichtig zu betonen – ist Österreicher, dann gebe es viele Ukrainer und noch fast 50 weitere Nationen.
Zielgruppe sind wohlhabende Eltern, die sich den Schulbesuch der Kinder und den Musikschwerpunkt etwas kosten lassen. Die Schulgebühren beginnen bei 8000 Euro pro Jahr und steigern sich bis zur Matura, dem International Baccalaureat (die Schule hat auch Öffentlichkeitsrecht), auf 25.000, inklusive Internat auf bis zu 45.000 Euro. Die Musikstunden in der angeschlossenen Musikakademie, die von 60 Prozent der Schüler in mehr oder weniger ambitioniertem Ausmaß belegt werden, sind nicht eingerechnet.
„Natürlich sind die Eltern nervös“, sagt Greulich. Der gebürtige Australier hat zuvor unter anderem an der Vienna International School gearbeitet und lei- Direktor der Amadeus International School. tet die Schule seit dem Jahr 2014. In die Diskussionen ist er aber nicht eingebunden, wie er sagt. Aber: „Ich höre, dass es täglich Gespräche gibt.“Er erwarte sich, dass sich die Beteiligten hinsetzen und eine Lösung finden. Denn wenn er in seinen zwanzig Jahren in Österreich eines gelernt habe, dann dass man hier über alles reden könne.
Auch der Anwalt der Schule betont: Fortbestand und Betrieb der Schule seien auf keinen Fall gefährdet. Es gebe auch keine Räumungsklage. Und sogar wenn es zu einer Versteigerung kommen sollte, habe dies keinen Einfluss auf die Schule, weil aufrechte Verträge mit dem Eigentümer bestünden. Zuletzt war die Rede von einer möglichen
In der Wiener Stadtpolitik gehen wegen des Areals die Wogen hoch. Der Fortbestand und der Betrieb sind laut der Schule nicht gefährdet.
bevorstehenden Einigung mit der Koch-Stiftung (Ex-Kika/Leiner). Kurzer Einschub: Diese gewährte der CampusGesellschaft ein Darlehen, das eben mit einem Pfandrecht besichert wurde. Lengersdorff spricht allerdings auch von ausgebliebenen Zahlungen und (nun offenbar gelöstem) Ringen um den Mietvertrag mit den Schulbetreibern – was die Schule zurückwies. Grüne Notbremse. Mit einer Bausperre für das Gebiet hat die grüne Planungsstadträtin Maria Vassilakou am Freitag die Notbremse gezogen. Der Hintergrund: Sollte es zu einer Versteigerung kommen, könnte der Vertrag unwirksam werden, der vorsieht, dass das Areal nur zu Bildungszwecken genutzt werden darf. Letzteres soll nun per Widmung festgelegt werden, auch wenn Bürgermeister Ludwig das Vorgehen offenbar für vorschnell hält.
Die Schule hofft darauf, dass sich die Debatte beruhigt. „Ich bin nicht nervös – ich mag es nur nicht“, sagt Greulich. Und: „Im August stehe ich wieder da und begrüße die Schüler im neuen Schuljahr.“