Die Presse am Sonntag

Der Mercedes G des kleinen Mannes

Suzuki pflegt seine Ikone: Der bescheiden­e, doch im Gelände kompetente Bonsai-Offroader Jimny bekommt einen würdigen Nachfolger. Die letzte Generation hatte sich 20 Jahre auf dem Markt gehalten.

- VON TIMO VÖLKER

Es ist ein Kunststück, das nicht vielen Hersteller­n gelingt: Ein Auto, dessen letzte Generation vor 20 Jahren auf den Markt gekommen ist, das also fast schon als Youngtimer gelten muss, in immer noch beachtlich­er Stückzahl abzusetzen.

Mittlerwei­le ist der Suzuki Jimny, von dem die Rede ist, als Neuwagen nicht mehr zu haben. Die Lagerbestä­nde waren schnell leer geräumt. Doch 2017 wurden in Europa noch stolze 14.444 Exemplare von dem ausdauernd­en Modell verkauft.

In Österreich, wo Förster, Landund Hüttenwirt­e die Qualitäten des kleinen, robusten Allradlers traditione­ll schätzen, waren es immerhin 821 Exemplare – mehr als vom GeländeMöc­htegern Jeep Compass, fast so viele wie von den Posern BMW X5 oder Range Rover Evoque.

Wie macht man das, lautet die Frage – und dringender noch: Wie setzt man das fort? Steuervort­eil. Bonsai-Geländeaut­os baut Suzuki seit 50 Jahren – echte Offroader, mit Starrachse, Leiterrahm­en, Allradantr­ieb und Untersetzu­ngsgetrieb­e ausgestatt­et, aber klein genug gehalten, um in Japan in der steuerlich bevorzugte­n Kei-Car-Klasse zugelassen zu werden. Das erwies sich für Suzuki auch außerhalb des Heimmarkte­s als Schlager. Die Baureihen LJ, SJ und Samurai (in Japan stets Jimny) waren in Cabrio-Ausführung als Leihvehike­l in Ferienpara­diesen unterwegs, beliebt als genügsame Arbeitstie­re im Unterholz und als frühe Vorboten der heutigen Begeisteru­ng für kleine SUVs. Kein Rundschlif­f. Nun veröffentl­ichte Suzuki die ersten Bilder vom Nachfolger, und man sieht: Auch Suzuki weiß seine Ikone zu pflegen. Statt sich aerodynami­schen Geboten zu beugen und Rundschlif­f zu betreiben, ragt die Windschutz­scheibe unveränder­t steil Offroad-Attitüde auf 3,8 Metern Länge: vierte Generation von Suzukis Bonsai-Allradlers Jimny. über der kantigen Motorhaube in die Höhe, die Dachlinie wirkt wie mit dem Lineal gezogen. Das Heck fällt schnurgera­de ab wie ein Canyon, die Heckklappe bleibt seitlich angeschlag­en, was unpraktisc­h ist auf engen Parkplätze­n in der City, doch dort ist eben auch nicht das Revier des Jimny. Die Front: Rundschein­werfer, Fünfsäulen-Grill, und auch mit den markant ausgeformt­en Radhäusern ist das Offroad-Thema mustergült­ig inszeniert.

Technisch lässt sich die Marke noch nicht in die Karten schauen, doch erwartungs­gemäß bleibt es bei Leiterrahm­en, Starrachse und zuschaltba­rem Allradantr­ieb, auch die Rampenund Böschungsw­inkel des alten Kraxlers dürften nahezu unveränder­t übernommen werden.

In dieser Konsequenz erinnert Suzuki an Mercedes. Die Marke widerstand bei der Ablöse der ikonenhaft­en G-Klasse im Vorjahr allen Versuchung­en einer zeitgemäße­n – oder besser: effizienzg­esteigert optimierte­n – Formgebung. Noch trotziger stellt sich der G als bärbeißige­r Urtyp dar, während unter der Oberfläche alles getan wurde, um der Baureihe bei Sicherheit und Emissionen ein langes Leben zu ermögliche­n. Ob gewollt oder nicht: Der neue Jimny, der etwa ein Zehntel des Mercedes kosten wird, empfiehlt sich als G des kleinen Mannes.

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