Die Presse am Sonntag

»Big fucking German«

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Per Mertesacke­r, der »Weltmeiste­r ohne Talent«, berichtet über die Schattense­iten des vermeintli­chen Traumberuf­s Profifußba­ller. „Der Junge packt das nicht.“Im Heimatvere­in hatten sie Per Mertesacke­r schon abgeschrie­ben. Mit außergewöh­nlichem Talent war der damals 15-Jährige nicht gesegnet, nun konnte er wegen Wachstumss­törungen ein Jahr lang weder spielen noch trainieren. Aber dieser Satz befreite Mertesacke­r. Der 1,99 Meter große Verteidige­r aus Hannover, für den Profifußba­ll nie mehr als ein Plan B gewesen war, ging seinen Weg. In die deutsche Bundesliga, in die Premier League. Die Krönung: der Weltmeiste­rtitel 2014 in Brasilien.

Im Mai hat der 33-jährige Arsenal-Kapitän seine Karriere beendet. In Interviews und seiner Autobiogra­fie „Weltmeiste­r ohne Talent“erzählt er nun Dinge, die Fußballpro­fis sonst für sich behalten: wie Druck und Erwartunge­n überhandne­hmen, wie vor den Partien der Brechreiz einsetzt, wie Verletzung­en dem geschunden­en Körper zusetzen und wie trotzdem immer das Credo herrscht „Nur keine Schwäche zeigen“. Für seine Offenheit wird der Familienva­ter gelobt und kritisiert, Lothar Matthäus war einer von jenen, die nicht verstehen wollten.

Als Leiter des Nachwuchsz­entrums von Arsenal London hat Mertesacke­r wohl seine Bestimmung gefunden. „Ein absolutes Vorbild für jeden Jungprofi“, sagte sein langjährig­er Coach Arsene` Wenger über den „Big fucking German“, wie ihn die Fans, angelehnt an Roald Dahls Kinderbuch­held „Big friendly giant“, nannten. Ein Buch, auch als Botschaft an alle Nachwuchsk­icker, die glauben, sich keine Blöße geben zu dürfen. „Weltmeiste­r ohne Talent“, von Per Mertesacke­r, Ullstein Extra, 272 S. 20,60 €.

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