Ferraris nächster Superstar: »Wo sind denn hier die Kühe?«
Charles Leclerc ist der Aufsteiger der F1-Saison. Der Monegasse, 21, fährt für Sauber, punktet, ist unfallfrei – und ein großer Spielberg-Fan.
Sie sind als 21-Jähriger nach Lance Stroll (19) und Max Verstappen (20) einer der jüngsten Piloten im Fahrerfeld. Täuscht es, oder übernehmen die Jungen das Kommando in der Königsklasse des Motorsports? Charles Leclerc: Ja, das gehört offenbar dazu. Jeder verkauft sich gut, hat Spaß daran. Und, wir sind schnell. Ich wollte immer ein Formel-1-Fahrer werden, davon habe ich schon als Kind geträumt. Und, hier bin ich jetzt. Sie sind Monegasse, fällt da die Berufswahl nicht automatisch auf Rennfahrer. Des Grand Prix wegen? Es hatte sicherlich einen gewissen Einfluss. Aber, das muss ich sagen, die Formel 1 hat mich selbst so richtig nie interessiert, bevor ich selbst mit dem Kartsport angefangen habe. Ich war vier Jahre alt, als ich es erstmals probiert hatte. Von diesem Tag an aber änderte sich auch mein Blick auf die Formel 1. Davor konnte ich wirklich nichts damit anfangen. Wegen des nervenden Lärms? Die Rennstrecke liegt ja vor Ihrer Haustür. Nicht unbedingt deswegen, aber ja. Am Rennwochenende war oder ist Monte Carlo immer ganz anders. Alles kostet das Doppelte, aber der Lärm hat mich nie gestört. Eher der Rummel. Der hat Sie jetzt als Sauber-Pilot sicher wieder eingeholt. Die vielen Fragen, Termine, Reisen. Macht es denn wirklich Spaß? Natürlich, doch. Im Augenblick läuft es auch ganz gut für mich. Ich bin von vielen Leuten umgeben, das Leben ist nur ein bisschen schwieriger geworden. Fragen Sie doch die anderen Fahrer, wie es denen ergangen ist in ihrer ersten Saison. Sie werden die gleichen Antworten erhalten. Es ist nicht leicht, aber trotzdem ist es ein Traum, in dieser Rennserie mitzufahren. Sauber hat große Erfahrung und bietet jungen Piloten eine tolle Chance. Die Liste derer, die bei Sauber angefangen haben und jetzt bei anderen Teams Erfolg haben, ist lang. Man lernt das Geschäft kennen. Es ist der perfekte Einstieg in die Formel 1. Diese Serie birgt kein Nachwuchsprogramm, wer aber mitfahren will, muss alle Strecken kennen. Wie sehr helfen Computer und Simulationsprogramme wirklich? Die helfen wirklich enorm, weil woher sollst du denn all die Strecken und Kurven kennen? Auf dem Simulator kannst du alles im F1-Auto abfahren, dir ein Bild machen, wichtige Eindrücke sammeln. Es ist dann wieder ganz anders, wenn du selbst im Rennauto sitzt und Gas geben musst – in der Realität. Glauben Sie mir, da ist die Mauer wirk-
Charles Leclerc
(* 16. Oktober 1997) ist Rennfahrer. Der Monegasse gewann 2016 die GP3-Serie und krönte sich 2017 zum F2-Champion. Seit 2018 fährt er für Sauber Alfa-Romeo in der Formel 1.
Kart-Karriere
Er startete seine Motorsportkarriere 2005 im Kartsport. 2009 gewann er die französische Meisterschaft, 2010 die KF3Wertung.
Ferrari-Akademie
Seit 2015 wird er von der PS-Schule unterstützt. In dieser Funktion absolvierte er Tests für die Scuderia und Haas.
Formel 1
Beim GP von Baku fuhr er erstmals als Sechster in die WMPunkteränge der F1.
2019
Leclerc soll dem Finnen Kimi Räikkönen bei der Scuderia nachfolgen. lich sehr schnell beängstigend nahe. Computerspiele gefallen jedem, denn wenn man sie ein paar Mal gespielt hat, ist man vielleicht auf zwei Sekunden an den Führenden herangekommen. Sogar dann, wenn man zuvor noch nie Auto gefahren ist! In der Realität gelingt das sicher nicht! Resultiert aus diesen Rückständen, Ängsten oder fehlenden Ortskenntnis auch die Skepsis gegenüber jungen Piloten? Jüngere Fahrer, mitunter ohne Führerschein, sitzen im schnellsten Rennwagen der Welt und seien anfälliger für Unfälle . . . . . . um ehrlich zu sein: mir wurden solche Vorbehalte noch nie mitgeteilt. Die meisten Kollegen sind alle älter als ich, mir hat aber noch keiner gesagt, dass ich schlecht gefahren bin oder einen Fehler gemacht habe. Wirklich! Sie wurden auch in der Ferrari-Akademie ausgebildet. Ist es die beste Rennfahrerschule der Welt? Nicolas Todt ist mein Manager, er hilft mir seit 2011. Aber auch der Kontakt mit Ferrari hat mir massiv geholfen. Wir arbeiten seit 2015 zusammen. Es geht um Kontakte, die Chance neue Technologien kennenzulernen, Tipps zu erhalten, in einem Rennauto zu sitzen, es zu fahren. Es hat sicherlich großen Anteil an meiner Karriere. Wie oft wurden Sie denn schon gefragt, ob Sie kommende Saison neben Sebastian Vettel der zweite Ferrari-Fahrer sein werden? Selbst die „Gazetta“berichtet es bereits als fix. Kimi Räikkönens Vertrag läuft aus, er soll mit dem Karriereende liebäugeln. Ach. Die zähle ich schon gar nicht mehr. Ich konzentriere mich nur auf diese Saison, meine Arbeit bei Sauber, ich will den bestmöglichen Auftritt schaffen. Alles weitere ergibt sich dann von selbst. Es ist Ihr neunter Grand-Prix. Ist Spielberg wirklich so speziell, so anders als alle anderen Rennstrecken im F1-Kalender? Ich kenne die Strecke hier schon seit fünf Jahren, aus Nachwuchsserien, jetzt aus den Trainingsfahrten, dem Qualifying. Mir gefällt es hier. Sie zählt sicher zu meinen Lieblingsstrecken, der Rhythmus mit dem Auf und Ab ist super. Ich hatte immer gute Ergebnisse hier, vielleicht ist das der ausschlaggebende Grund. Haben Sie schon die Kühe gesehen oder das Läuten Ihrer Glocken gehört? Nein! Wirklich, die gibt es hier? Wo sind sie, ich habe sie nicht gesehen. Aber, wenn ich es mir so recht überlege, hätte ich gar keine Zeit für sie. Ich muss doch so schnell vorbeifahren.