Die potente Frau
Nach MeToo fordert eine Streitschrift ein Umdenken – der Frauen.
Viel ist seit Herbst über die MeToo-Debatte diskutiert und in Zeitungen geschrieben worden, aber bisher ist kaum ein Buch zum Thema erschienen. Die deutsche Philosophin Svenja Flaßpöhler ändert das. Sie legt dieser Tage die schmale Streitschrift „Die potente Frau“(Ullstein Verlag, 50 Seiten) vor, in der sie andere Schlüsse aus der Debatte zieht als viele KommentatorInnen vor ihr – und die meisten Feministinnen, wie Flaßpöhler betont. Sie fordert eine Rückkehr, oder mehr noch: erstmals ein selbstbewusstes Eintreten „einer neuen Weiblichkeit“. Frauen hätten sich in der MeToo-Diskussion freiwillig zum Opfer machen lassen. Zum schwachen Subjekt, das sich nicht gegen das männli- che Begehren wehren kann. Dies wiederhole erst wieder patriarchale Denkmuster.
Sie plädiert daher, Frauen sollten sich aus dieser Opferrolle befreien. Aufhören, Männer an den Pranger zu stellen und sich damit „jener Machtmethode bedienen, unter der die Frauen selbst Jahrhunderte lang gelitten haben.“Flaßpöhler will übergriffige Männer keineswegs verteidigen, auch verneint sie nicht, dass wir immer noch „weit entfernt“sind „von einer Gesellschaft, in der Macht gerecht verteilt“ist. Aber Frauen sollten endlich begreifen, dass sie die Wirklichkeit mitgestalten. Und aufhören, sich schwächer zu machen als sie sind.
Johann Scheerer:
„Wir sind dann wohl die Angehörigen“, Piper, 240 S.