Die Macht der Netze
Liegen wir richtig, wenn wir Geschichte immer nur von Hierarchien geprägt sehen? Eine Analyse von Netzwerken der Vergangenheit.
Netzwerke wurden nicht im Silicon Valley erfunden. Die Allgegenwart von Netzen ist in der Gegenwart zwar beispiellos, aber sie sind kein neues Phänomen. Wir reden nur so viel darüber wie noch nie zuvor.
Für die Karriere ist das Gegenteil von Networking das Scheitern. Mürrische Außenseiter sehen die ganze Welt von mächtigen Netzwerken kontrolliert, dem System, den Banken, dem Establishment. Stecken wir tatsächlich mehr in Netzwerken als in Hierarchien?
Niall Ferguson konstatiert in „Türme und Plätze“ein Versäumnis der Geschichtsschreibung. Sie habe sich allzu sehr mit Hierarchien beschäftigt, hier waren die Quellen leichter aufzufinden; Netzwerke, und wenn sie noch so mächtig waren, legten keine Archive an. Er veranschaulicht den Gegensatz, auch die Interaktion von Hierarchie und Netzwerk mit dem Bild von Turm und Platz.
Fergusons Buch erntete auch Kritik. Allzu forciert wirkt sein Galopp durch die Weltgeschichte, viele der Netzwerke, von den Illuminaten bis zu den Rothschilds, wurden bereits untersucht, da fehlt das Neue. Auch dass Henry Kissinger ein begnadeter Netzwerker war, dürfte den meisten nicht entgangen sein. Dennoch hat sein Buch viele positive Seiten. Der berühmte Historiker versteht es, über die dynamischen und die statischen Formen der Macht anschaulich zu erzählen. Man erhält eine Ahnung von der Zukunft, und zwar aus der Darstellung der Vergangenheit.
Michael Onfray:
„Niedergang“, Knaus, 704 S., 28 Euro.
Max Winter
Picus (2006), 26 Euro.