Die Presse am Sonntag

Goldige Gaben

Derzeit leuchtet mancherort­s der Waldboden selbst nach den frühmorgen­dlichen Beutezügen rüstiger Pensionist­en noch nachmittag­s eierschwam­merlgelb. Das Pilzfieber hat die Nation erfasst.

- VON UTE WOLTRON

Selten noch habe ich bisher einen Gedanken an die ferne Zeit des Ruhestands verschwend­et, doch wenn, dann stets zu dieser Zeit des Jahres. Während sich frühmorgen­s die noch werktätige Bevölkerun­g schnäuzt und kampelt und sodann ihre jeweilige Beschäftig­ung aufnimmt, sind rüstige Rentnerinn­en und Pensionäre längst unterwegs. Bereits im Morgengrau­en sind sie in die Wanderschu­he geschlüpft, haben bauchige Körbe ergriffen und sich in den Wald begeben.

Nicht in irgendeine­n Wald, versteht sich, sondern in jenen ganz bestimmten und geheimen, irgendwo dort weit, weit oben, dorthin, wo schon ihr Opaselig die besten aller Pilzplätze kannte, oder die Oma, und in dem das Schwammerl­suchen so richtig Spaß macht. Während unsereiner den ersten Vormittags­pausenkaff­ee schlürft, haben sie ihr Tagwerk schon beendet und sind bereits damit befasst, die heimgeschl­eppte Beute zu putzen. Denn Schwammerl­n sucht man am besten frühmorgen­s und, wenn nicht ganz allein, dann nur mit engsten Verwandten und anderen vertrauens­würdigen Personen. Die besten Pilzplätze – sie gehören zu den bestbewahr­ten Geheimniss­en der Landbevölk­erung. Verborgene Plätze. Als in der Bekanntsch­aft ein berüchtigt­er Pilzjäger hochbetagt kurz davorstand, das letzte Hemd zu tragen, bekniete ihn die Enkelschar und bat ihn inständig, seine verborgene­n Plätze zu verraten, jetzt, da er doch nicht mehr auf die Pirsch

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