China setzt die Autowelt unter Strom
Chinas Hersteller von Elektroautos sind jetzt schon Weltmeister – und nennen sich zuweilen auch so. Die staatlich massiv geförderte Nachfrage im Land setzt die globale Branche unter Zugzwang.
Über den elektrischen Optimismus der deutschen Autobauer, allen voran VW, kann man sich zunächst nur wundern. Allein die Marke VW will bis 2025 eine Million Elektroautos verkaufen, für den Konzern sollen es drei Millionen sein.
Klingt zumindest ehrgeizig, in der gesamten EU wurden im Vorjahr knapp über 210.000 solcher Vehikel verkauft – alle Marken zusammengerechnet. Hier gleich die Begriffserklärung: Die Rede ist stets von Autos, die geladen werden können, also neben rein Batterieelektrischen (BEVs) auch Plug-in-Hybride (PHEVs) oder E-Modelle mit Range Extender (die also über einen Verbrennungsmotor verfügen).
Bei allen kräftigen Zuwächsen des Segments in jüngster Zeit – um die Zuversicht zu erklären, muss man nach China schauen. Dort findet die Umwälzung statt, und zwar in einem Maßstab, der den Rest der Welt mitreißen wird. Wer auf dem mit Abstand größten Automarkt der Welt nicht bald mit EVs vertreten ist, hat keine Zukunft.
Die chinesischen Behörden diktieren diesen Wandel, indem sie ein Punktesystem erdacht haben, wonach man nur mit einem entsprechenden Anteil von BEVs und PHEVs im Portfolio mit Gewinnen operieren kann. Dem beugen sich auch einst verlässliche Elektroskeptiker wie Toyota, die bereits mit Hochdruck an einer EV-Offensive arbeiten. In China verkauft VW derzeit 40 Prozent seiner gesamten Produktion – das lässt sich künftig nur mit einer Menge EVs halten.
Wenn überhaupt. Denn in China verfolgt man größere Pläne. Man will zur bestimmenden Macht der Autoindustrie 2.0 werden. Motto: „Die ersten 100 Jahre des Automobils abgehakt, die nächsten 100 werden von China geprägt.“Das meistverkaufte E-Auto der Welt war schon 2017 ein chinesisches: eines der Marke Baic, die man bei uns gar nicht kennt. Viele solcher Marken stehen am Start und wollen die neuen Tesla sein, oftmals mithilfe deutscher Ingenieure, eng vernetzt mit der IT-Industrie und dem Ohr am chinesischen Kunden. Schon von Weltmeister gehört? Die so deutsch klingende Marke WM Motor ist ein Elektro-Start-up mit Geld und Expertise. Chinas Vorteil in dem Spiel: Um die Fundamente einer mächtigen Autoindustrie zu legen, ist man in dem Riesenreich auf Exporte auf längere Zeit nicht angewiesen.