Das Geschäft mit einem Weltfußballer
Juventus Turin angelt nach Cristiano Ronaldo, für nur 100 Millionen Euro Ablöse soll der Star aus Madrid kommen. Über Geld, miese Praktiken, Wahrheit und Visionen.
Für gewöhnlich dient das Stilmittel publik gewordener, aber niemals spruchreifer Transfers nur einem Zweck: ein windiger Spielerberater schlägt seinem Klienten beim aktuellen Arbeitgeber damit mehr Gehalt und sich selbst eine fette Provision heraus. Beispiele derer gibt es sonder Zahl. Beinhaltet dieses Spiel Superstars, also Könner wie Lionel Messi, Neymar oder Cristiano Ronaldo, erreichen die Summen umgehend astronomische Sphären. Dann brodelt die Gerüchteküche, hyperventilieren Boulevardmedien in puncto Ablösen, Gehälter und Vertragsdauer.
Es gibt aber Ausnahmen, die dieses Wettbieten auf diesem „Menschenbasar“konterkarieren. Allerdings, dann geht es im Hintergrund um noch viel mehr Geld.
100 Millionen Euro Ablöse sollen von Juventus Turin für Weltfußballer Cristiano Ronaldo geboten worden sein. Und Real Madrid habe, weil wenige Tage zuvor die illusorische Klausel von einer Milliarde Euro aus dessen Vertrag gestrichen wurde, eingewilligt.
Ungeliebt in Madrid, mehr Geld in Turin – Ronaldo hat so viele Optionen.
Die „Alte Dame“. Ein „Schnäppchen“, anders ist es ob der obskuren Ablösesummen im Weltfußball nicht zu deuten. Immerhin ist „CR7“ein Weltstar, als 33-Jähriger topfit, seit drei Saisonen in Serie Champions-League-Sieger, Torschützenkönig, Europameister 2016; der Portugiese ist eine der Lichtgestalten in Europas Klubfußball. Und die lässt Real einfach ziehen nach neun Saisonen mit 451 Treffern? Für nur 100 Millionen Euro? Neymar spielte doch 222 Mio. € ein. Mbappe,´ Coutinho, ja sogar Ousmane Dembel´e´ (105) kosteten mehr als Ronaldo.
Schenkt man spanischen Zeitungen, allen voran der in Real-Agenden top-informierten „Marca“Glauben, hat Ronaldos Abschied aus Madrid eine sehr lange Vorgeschichte. Geplagt vom Streit mit Präsident Florentino Perez,´ Findet Ronaldos Wechsel statt, landet der Deal zwischen Juventus und Real irgendwo in den Top Ten der Historie. 1. Neymar (Brasilien): 2017, Barcelona zu Paris SG 222 Millionen € 2. Mbapp´e (FRA): 2018, Monaco zu Paris SG 180 Mio. € 3. Coutinho (Brasilien): 2017, Liverpool zu Barcelona 120 Mio. € 4. Demb´el´e (FRA): 2017, Dortmund zu Barcelona 105 Mio. € 5. Pogba (FRA): 2016, Juventus zu Manchester United 105 Mio. € 6. Bale (Wales): 2013, Tottenham zu Real Madrid 100,76 Mio. € 7. Ronaldo (Portugal): 2009, ManU zu Real Madrid 94 Mio. € 8. Higuain (Argentinien): 2016, SSC Neapel zu Juventus 90 Mio. € 9. Neymar (Brasilien): 2013, FC Santos zu Barcelona 86,2 Mio. € 10. Lukaku (Belgien): 2017, Everton zu ManU 84,8 Mio. € Quelle: www.transfermarkt.com einem Baumogul, soll es Ronaldo leid gewesen sein. Das ewige Versprechen nach mehr Geld – der Portugiese verdient kolportierte 21 Millionen Euro netto, also weitaus weniger als Messi (50) oder Neymar (37) – blieb unerfüllt. Der fünfmalige Weltfußballer fühlte sich nicht wertgeschätzt. Das ließ er beim Champions-League-Sieg in Kiew öffentlich durchdringen, seitdem rumorte es in er Gerüchteküche. Berater Jorge Mendes sondierte aber den Markt – und fand die „Alte Dame“.
2003, als Ronaldo von Lissabon nach Manchester übersiedelte, soll es erste Kontakte mit dem Serie-A-Giganten gegeben haben. Man stehe Andrea Agnelli, dem Fiat-Chef und Juve-Eigner, „im Wort“. Indizien wie Ronaldos Fernbleiben bei der Trikotpräsentation in Madrid oder Aussagen mancher Turiner Funktionäre ließen tatsächlich auf diesen „Königstransfer“schließen.
Manch einer proklamierte die romantische Version, dass es die JuveFans waren, die Ronaldo den Wechsel zum italienschen Serienmeister mit sieben Scudetti in Folge ans Herz gelegt Landet Cristiano Ronaldo in Turin? hätten. Wegen des Applauses und der Ehrerbietung nach seinem Fallrückzieher in der vergangenen CL-Saison. Wer bezahlt wirklich? Die Wahrheit im Fußball kennt keine Romantik. Ronaldo soll dank der Investition des Mutterkonzerns Exor bezahlt werden. Die Finanzgesellschaft ist an Fiat-Chrysler beteiligt, die FCA-Gruppe will Ronaldo auch eher als Werbeträger denn Spieler. Sie bezahlt den Vierjahresvertrag, mit jährlich 30 Mio. Euro netto. Nebst allen sportlichen Optionen, nach Portugal, England und Spanien auch in Italien Titel zu gewinnen, geht es – natürlich – nur um Geld.
Kommt es so? Real angelt dann nach neuen Stars (Mbappe,´ Neymar?) und Perez´ könnte nach dem Abschied von Zidane und Ronaldo den Neustart vorantreiben. Juve glänzt mit niedriger Ablöse, hat aber hohe laufende Kosten und Probleme mit dem „Financial Fairplay“. Also müssten teure Spieler gehen, wie die Argentinier Gonzalo Higua´ın (60 Mio. € zu Chelsea) und Paulo Dybala (110 Mio. €, Liverpool). Damit wäre der Ronaldo-Coup fürwahr billig und samt der zu erwartenden Millioneneinnahmen aus dem Trikotverkauf umgehend ein lukratives Geschäft.
Was aber bewegt Andrea Agnelli? Unter seiner Führung ist der Klub schuldenfrei, in Italien unschlagbar. Er will aber, um jeden Preis, die Champions League gewinnen. Nach Finalenttäuschungen 2015 und 2017 suchte er nach Lösungen und fand Ronaldo. Der Portugiese wäre seine persönliche Trophäe. Großvater Edoardo Agnelli engagierte in den 1930er-Jahren teure Südamerikaner. Gianni Agnelli, sein Onkel, schmückte 1982 die Klubhistorie mit Michel Platini. Warum nicht? „CR7“passt auf jede Nummerntafel.
Und falls der Deal platzt? Dann streift Ronaldos Berater dieser Tage seine fette Prämie ein.
Für Agnelli und Fiat wäre Ronaldo eine Trophäe: als Torjäger und Werbeikone.