Ein One-Trick-Pony hetzt durchs Hitkarussell
Cee-Lo Green hatte sein verspätetes Österreich-Debüt beim Jazzfest Wien in der Oper.
Egal ob Motte, Gelse oder Kohlwanze – alles, was für gewöhnlich so im Opernhaus herumzufliegen pflegt, war an diesem Abend in Lebensgefahr. Cee-Lo Green, ein zwischen Hip Hop, Funk und Soul irrlichternder USSänger, animierte von Beginn an aggressiv zum kollektiven Mitpaschen. Dabei war der erste visuelle Eindruck nicht schlecht. Drei junge Damen mit Kinky-Afro-Frisur, die Instrumente wie Bass, Gitarre und Schlagzeug spielten. Um sie herum ein Saxofonist und ein Teilzeitrapper. Emsig entriegelte ein Keyboarder Samples sonder Zahl. Und Green schwebte als adipöses Engerl in weißem Habit ein. Mehrfacher Grammy-Gewinner. Subtilität in punkto Intonation ist seine Sache nicht. Stimmlich ist er ein OneTrick-Pony. Er verfügt über ein hohe, heisere Stimme, die er allein mit elektronischen Effekten variieren kann. Der aus Atlanta stammende, mehrfache Grammy-Gewinner, der 2014 dafür verurteilt wurde, seiner Frau gegen ihren Willen Ecstasy verabreicht zu haben, ist seit diesem Vorfall einigermaßen am absteigenden Ast. Sein letztes, 2015 erschienenes Album „Heart Blanche“, war ganz gut, aber dennoch ein veritabler Flop.
Und so suchte er jetzt sein Heil darin, den (Radio-)Hörer an der Hand zu nehmen und auf seine Seite zu ziehen. War der Opener, David Bowies White-Funk-Juwel „Let’s Dance“, noch eine Überraschung, so nervte Greens Kommerztrip spätestens mit seinen wiederholten Einschüben von Michael-Jackson-Bassläufen und Daft-Punk-Samples, mit denen er die Mittelmäßigkeit von Nummern wie „It’s All Alright“aufhübschte. Bei „Closet Freak“regierten tröstlicherweise noch live gespielte, scharfe Wah-Wah-Gitarreneffekte. Was ein Closet Freak ist? Laut Urban Dictionary „someone who looks and acts innocent in public, but becomes a huge sexual freak behind closed doors.“Eine Selbstbeschreibung? Greens Gerichtsakte würde dafür sprechen.
Immer wieder verließ Green an diesem ohnehin recht kurzen Wiener Abend die Bühne, dann bekam die Bassistin Gelegenheit, sich als Sängerin zu etablieren. Ihre Version von Donna Summers „I Feel Love“war verführerisch.
Seinen größten Hit „Crazy“entstellte Green. Durch die vielen Soundeffekte war er nicht leicht wiederzuerkennen. Über weite Strecken aber setzte Green auf das Aufkochen alter Hits, wie „Don’t Cha“(Pussycat Dolls), „September“(Earth Wind & Fire) und „Exodus“(Bob Marley). Die Stimmung im Saal ähnelte in ihrer kontrollierten Ausgelassenheit jener hiesiger Tanztempel a` la Albertina Passage. Der mit Abstand schönste Moment kam mit der ersten Zugabe „Fool for You“. Ansonsten wünschte sich jeder Feinsinnige nach diesem Overkill an Gefälligkeit Stille, Schlaf und edlen Ennui.