Pannonisches Klima: Starke Rote, milde Blaue
Im Burgenland können SPÖ und FPÖ ziemlich gut miteinander – weil sie sich inhaltlich weitgehend einig sind.
Dass im Burgenland eine rote Alleinregierung mit blauen Gästen am Werk sei, ist natürlich eine Zuspitzung der Opposition, aber eine mit wahrem Kern. Schon das Wahlergebnis lässt Rückschlüsse auf die Hierarchie in der Landesregierung zu: Die SPÖ bekam vor drei Jahren 41, die FPÖ 15 Prozent. Da mag Vizelandeshauptmann Hans Tschürtz noch so oft vom Regieren auf Augenhöhe schwärmen: Der Chef ist der andere Hans, nämlich Niessl.
Doch offenbar erleichtert es den Regierungsalltag, wenn sich der eine Partner unterordnet. Die rot-schwarzen Jahrzehnte waren auch im Burgenland von Dauerzank geprägt – und endeten zum Teil im Reformstau. Mit der Landtagswahl 2015 wurde der Proporz abgeschafft und durch eine rot-blaue Koalition ersetzt, von der beide Seiten nun profitieren: Die FPÖ verhilft der SPÖ zur Mehrheit und darf, nach einer langen Durststrecke, endlich mitgestalten.
Inhaltlich ist man gar nicht so weit auseinander. Anders als im Industrieland Oberösterreich ist die FPÖ im Burgenland weniger wirtschaftshörig und sozialpolitisch – sofern es um Österreicher geht – durchaus links. Umgekehrt hat die Sicherheitspolitik in der SPÖ Burgenland seit jeher einen hohen Stellenwert. Auch das ist geografisch bedingt. So steht die Notwendigkeit von Grenzkontrollen koalitionsintern außer Streit. Und nach einer Idee von Sicherheitslandesrat Hans Tschürtz spazieren seit eineinhalb Jahren „Sicherheitspartner“durch einige Grenzgemeinden, um Verdächtiges der Polizei zu melden. Polizei-Allianz. Insgesamt profitiert Rot-Blau vom allgemeinen Wirtschaftsaufschwung, den man sich auf die eigenen Fahnen zu heften versucht. Immerhin wurden Schulden abgebaut und Verwaltungsreformen eingeleitet. Führungspositionen in den Landesbetrieben werden nun nicht mehr doppelt, nämlich rot und schwarz, besetzt. Sondern meistens rot und manchmal blau.
Es laufe auch deshalb so gut, weil Debatten intern geführt und Bundesthemen ausgeklammert werden, sagt Hans Tschürtz. Er schätze Hans Niessls Handschlagqualität und vertraue auch Hans Peter Doskozil, der Anfang 2019 übernehmen wird. Die gemeinsame Polizei-Vergangenheit verbindet – und soll sich schon 2015 begünstigend auf den rot-blauen Pakt ausgewirkt haben. Wegbereiter in der FPÖ. Die SPÖ wiederum weiß zu schätzen, dass die Führungsriege der burgenländischen Blauen weitgehend frei von deutschnationalem Gedankengut ist. Über zynische Flüchtlingswitze, die Tschürtz zuletzt via Facebook verbreitet hat, sehen Niessl und Doskozil geflissentlich hinweg. Wenn es denn sein muss, hält man zusammen. Nach der Nationalratswahl 2017 soll sich das pannonische Triumvirat für eine rot-blaue Koalition auch auf Bundesebene eingesetzt haben. Was Tschürtz für seinen Teil heute nicht bestätigen will: Im Bund sei die ÖVP ein besserer Partner für die FPÖ, weil die SPÖ dort deutlich weiter links stehe als im Burgenland. „Christian Kerns Propaganda“behagt dem Vizelandeshauptmann nicht.
Eine rot-blaue Verlängerung ist 2020 nicht nur möglich, sondern wahrscheinlich.
Innerhalb der FPÖ sieht sich Tschürtz aber als Wegbereiter: Durch den burgenländischen Feldversuch habe man in der Bundespartei gesehen, dass man auch mit der SPÖ regieren kann. „Das war schon augenöffnend.“
Vom anfänglichen Widerstand gegen Rot-Blau ist in Eisenstadt nichts mehr zu spüren. Als Regierungspartei ist die FPÖ längst politische Normalität geworden. 79 Prozent der Nordburgenländer sind mit der Arbeit der Landesregierung eher oder sehr zufrieden, wie eine Umfrage des Meinungsforschers Peter Hajek vor Kurzem gezeigt hat (die Landesmitte und der Süden wurden schon vor geraumer Zeit befragt). Eine Verlängerung nach der Wahl 2020 ist also nicht nur möglich, sondern wahrscheinlich. Auch wenn Tschürtz taktiert: „Das entscheidet der Wähler.“